Aus Calcars letzter Vergangenheit
mitgeteilt durch Franz Kühnen, Gemeindedirektor, Calcar (Niederrhein) geboren am 04.02.1895 - gestorben am 02.09.1968 in Kleve. Der Widerstand eines Beamten zu Beginn der Nazi-Diktatur, siehe Bericht im Kalender für das Klever Land 1992, Seite 71 bis 75 - Abschrift aus der Calcarer Volkszeitung.
Ein guter Gedanke war es, als ein früheres Oberhaupt unseres Städtchens es anfangs des vorigen Jahrhunderts unternahm, alle wichtigeren Ereignisse in Calcar und seiner Nachbarschaft zusammenzustellen und sie in einem Buche, der „Chronik der Bürgermeisterei Calcar“ niederzuschreiben, um so der Nachwelt erhalten und überliefert zu werden. Wann ist unser Marktplatz gepflastert worden? Seit wann besteht die Stadtwaage? Seit wann die jüdische Synagoge in der Hanselaerstraße? Wer war der letzte Pfarrer von Hanselaer? Diese Fragen kann nicht jeder Calcarer ohne weiteres beantworten und ich glaube deshalb meinen Mitbürgern wohl einen Dienst damit zu tun, wenn ich den Chronisten hierüber erzählen lasse, nicht aus dem Mittelalter, der Zeit, als unsere prachtvolle St. Nicolai-Pfarrkirche und unser herrliches Rathaus erstanden, sondern beginnen mit einer Zeit, die der unsrigen in mancher Hinsicht sehr ähnlich ist und aus der die ältesten Calcarer Bürger aus den Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern vielleicht noch etwas in die heutigen Tage hinübergerettet haben.
Seite 5 - 1794, den 19. Oktober zogen die Franzosen hier in Calcar ein. Es war eine Abteilung Kavallerie von 100 bis 150 Mann, wovon der nachher so berühmte General und Marschall Ren damals Eskadronschef, der Kommandant war. Dieser wurde hier im Hause der Witwe Werning am Kesseltor Nr. 72 (jetziger Besitzer Herr Friedrich Neuhaus) einquartiert. Im Monat November wurde von den Franzosen die Festung Nymegen eingenommen. Während der Belagerung dieser Stadt fielen die Österreicher bei Büderich über den Rhein um Nymegen, Venlo und die Grave zu entsetzen, wurden aber zurückgeschlagen. Das Gefecht war hitzig. Der Winter von 1794/95 war äußerst kalt. Schon früh trat Frost und Schnee ein. Der Frost war anhaltend stark und im Dezember waren bereits alle Bäche, Flüsse und Ströme zugefroren. Hierdurch wurde das Elend des Krieges bedeutend verschlimmert. Durch den Einzug der Franzosen, welche das linke Rheinufer besetzten, während die Alliierten das rechte Ufer inne hielten, war die Schifffahrt auf dem Rheine schon anfangs Oktober gehemmt worden. Es hatte also keine hinlängliche Zufuhr von Kohlen erfolgen können, weshalb hieran großer Mangel war. Holz und Waldungen wurden ohne Schonung von den Einwohnern und Soldaten angegriffen und zu Teile verwüstet. Auch musste die schöne Allee von Eichen und Buchen, die die alte Landstraße Cleve nach Xanten zierte, fallen.
Der Frost war den französischen Heeren besonders bei der Eroberung von Holland sehr von Vorteil, weil alle Gewässer zugefroren waren, so daß ihr Zug durch die vielen dort befindlichen Flüsse und Kanäle gar nicht aufgehalten wurde. Um Neujahr 1795 gingen die Franzosen über den Rhein und die Waal und in 8 Tagen war ganz Holland erobert. Am rechten Rheinufer drangen die Franzosen nur bis oberhalb Emmerich vor. Unterdessen wurde zwischen Preußen und Frankreich Waffenstillstand und demnächst im April 1795 zu Basel der Friede geschlossen. Nach Abschluß des Friedens räumten die Franzosen das rechte Rheinufer, hielten aber Holland und das linke Rheinufer militärisch besetzt bis 1801, wo durch den Luneviller Frieden das linke Rheinufer nebst anderen Ländern an Frankreich abgetreten wurde. Als das französische Heer, welches Holland nun größtenteils verließ, zurückkehrte, um nach dem Rhein zu marschieren, sah es ganz anders aus als bei dem Einmarsch hierselbst. Dasselbe war nun prächtig equigiert (ausgerüstet) und armiert (bewaffnet) und die Soldaten hatten statt Papier bares Geld, wohingegen sie beim Einmarsch sehr schlecht uniformiert waren, z.B. trug der eine
Seite 7 - einen Hut, der andere eine Mütze, der dritte hatte Stiefel, andere Schuhe und Holzschuhe. Ebenso verschiedenartig waren ihre übrigen Kleidungsstücke, welche zudem im denkbar schlechtesten Zustande waren, so daß fast das ganze Heer ebenso bunt als zerlumpt aussah. Selbst die Manneszucht schien verloren gegangen zu sein, denn man sah oft Soldaten in Reih und Glied mit der rauchenden Tabakspfeife im Munde. Es gab Offiziere, die nicht einmal ihren Namen schreiben konnten. Man mußte sich darüber wundern, wie eine solche Armee über die geregelten Heere der Alliierten hatte siegen können. Was aber dem Äußern fehlte, ersetzte der Mut der Soldaten. Das Motto der Armee war: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!“ Es befand sich am Kopfe aller Verhandlungen, die von den französischen Behörden ausgingen. Keiner durfte sich „Herr“ nennen lassen. Das Wort „Bürger“ war der Ehrenname aller, vom Bettler bis zur ersten Magistratsperson, vom geringsten Tambour bis zum General. Hierdurch war die Einbildungskraft aller sehr angeregt, jeder Soldat glaubte sich zum Offizier, zum General berufen, wenn er sich nur durch Mut und Tapferkeit auszeichnete. Und wirklich hat es viele Offiziere und viele der besten Generale gegeben, die sich vom gemeinen Soldaten zu dieser Höhe emporgeschwungen haben.
Durch die schnelle Eroberung Hollands wurde den hiesigen Einwohnern Luft gemacht indem sie von der starken Einquartierung und von den drückendsten Requisitionen und Lieferungen in etwa befreit wurden. Daß die Opfer, welche das Land hatte bringen müssen, sehr groß gewesen, läßt sich leicht begreifen, wenn man bedenkt, daß die zahlreichen französischen Heere, von allem entblößt , von Oktober bis ins Frühjahr am linken Rheinufer einquartiert waren und daß das Land alles, was der Soldat nötig hatte, herbeischaffen mußte.
Die Eroberung Holland hatte noch eine andere wichtige Folge, nämlich daß die Assignaten verschwanden und bares Geld in Umlauf kam, wodurch Handel und Verkehr wieder belebt wurden. Indessen waren manche Familien, besonders handeltreibende, welche die Waren nicht zeitig genug hatten verbergen können und sie also gegen Assignate hatten hergeben müssen, sehr benachteiligt, wenn nicht zu Grunde gerichtet worden, während andere und vorzüglich diejenigen, welche bei den Steuer und Domänenkassen Schuld hatten, Vorteil daraus
Seite 8 - gezogen, indem sie ihre Rückstände mit Assignaten welche sie für wenig bares Geld so viel haben konnten, wie sie wollten, tilgten (Anmerkung: War es 1923 nicht genau so?)
Im Oktober 1795 ging das französische Heer in der Gegend von Kaiserswerth, Düsseldorf und weiter aufwärts über den Rhein, wodurch die hiesige Gegend fast ganz von Truppen befreit wurde, allein es hatten noch immer Lieferungen, wenn auch weniger stark, stattgehabt; auch hatte das Land noch mehrere Jahre lang infolge des Durchmarsches der Truppen, welche aus Holland kamen oder dorthin marschierten, zu leiden.
Seite 9 - und zwar vom 1. Fructidor Jahr 6 (18. August 1798) angerechnet, von der Zivilbehörde aufgenommen werden mußten und so nach und nach die französische Gesetzgebung eingeführt. Die neue Zeitrechnung fing mit dem Jahre 1792 zum Andenken an die Errichtung der französischen Republik an. Der Anfang des Jahres war mit dem Tage, wo das Herbst-Aequinoctium anfängt und wurde für das erste Jahr auf den 22. September 1792 gesetzt. Das Jahr hatte zwar auch 12 Monate allein die Namen waren ganz neu und hießen: Vendemiaire (Weinlesemonat, 22./24. Sept. bis 21./23 Okt.) Brumaire (Nebelmonat, 22./24. Okt. bis 20./22. Nov.) Frimaire (Reifmonat, 21./23. Nov. Bis 20./22. Dez.), Nivose (Schneemonat, 21./23. Dez. bis 19./20. Jan.), Pluviose (Regenmonat, 20./22. Jan. bis 18./20. Febr.), Ventose ( Windmonat, 19./21. Febr. Bis 20./21. März), Germinal (Sproßmonat, 21./22. März bis 19./20. April), Floreal (Blütenmonat, 20./21. April bis 19./20. Mai), Prairial (Wiesenmonat, 20./21. Mai bis 18./19. Juni), Messidor ( Erntemonat, 19./20. Juni bis 18./19. Juli), Thermidor (Hitzemonat, 19./20. Juli bis 17./18. Aug.), Fructidor (Fruchtmonat, 18./19. Aug. bis 21./23. Sept.)
Jeder Monat hatte nur 30 Tage; nach dem Monat Fructidor wurden 5 und in einem Schaltjahr 6 Ergänzungstage, wie man sie nannte, gezählt. Jeder zehnte Tag im Monat welcher Decadi hieß, war Ruhetag, an welchem a lle öffentliche Arbeiten strenge verboten waren. Auf die durch das Christentum eingeführten Sonn-und Feiertage sollte gar keine Rücksicht mehr genommen werden, weil man dasselbe zu verdrängen sollte und eine auf die bloße Vernunft sich gründende Religion eingeführt werden sollte. Der Gottesdienst außerhalb der Kirche wurde gänzlich verboten, alle Bilder und Kennzeichen der Religion, welche sich außerhalb derselben vorfanden mußten verschwinden. Dieses war denn auch die Veranlassung, daß der hier auf dem Kirchhofe an der Südseite stehende Kalvarienberg abgebrochen werden mußte. Beim Abbrechen zerbrach das steinerne Kreuz und das Christusbild, so daß es auch später dort nicht wieder hat aufgestellt werden können.
Seite 10 - andere hingegen mehr zahlen sollten, als sie an Pacht aufbringen konnten, hörte auf. Die Gemeinde, worin solche gelegen, mußte diese Grundstücke in Eigentum übernehmen und das, was sie weniger aufbrachten, als die Steuern waren, ersetzten. Auf diese Art ist der Sattelhof und der Goddenhof zu Hanselaer an die Gemeinde gekommen. Ein jeder erhielt die Befugnis, frei über sein Eigentum zu verfügen, was früher, wo z.B. ein Bauernhof nicht zerstückelt werden durfte, nicht der Fall war. Dieses Zwanggemahl wurde aufgehoben und jeder konnte zur Mühle gehen, wo es ihm beliebte und er am besten bedient wurde. Wie lästig dieser Zwang gewesen sein muß, läßt sich daraus ersehen daß z.B. Marienbaum und Vynen gezwungen waren, nach Calcar zur Mühle zu kommen. Das Zehntenrecht, wonach fast von allen Ländereien die zehnte Garbe der Früchte an den Zehntherren abgegeben werden mußte, wurde abgeschafft. Es war dies, wie leicht zu begreifen, eine ebenso lästige, wie bürdende Last für den Landmann. Der Adel und die Geistigkeit waren meistens im Besitz solcher Zehnten. Ein jeder hatte von nun an die Freiheit, einen solchen Handel oder ein solches Gewerbe zu betreiben, als er nach seinem Vermögen für gut fand, was nach der vorigen Verfassung nicht gestattet war, da handeln und Gewerbe auf dem Lande sehr beschränkt und diese meistens ein Vorrecht der Städte waren. In den Städten war aber fast alles in Zünfte und Körperschaften eingeteilt, wodurch auch hier der Handel und die Gewerbe sehr beschränkt wurden. Wer z.B. ein Handwerk betreiben wollte, mußte erst das Bürgerrecht kaufen, dann eine Prüfung bestehen, und wenn er für fähig gehalten worden, zuvor noch eine Gewisse Summe an die Zunft erlegen, ehe er in dieselbe aufgenommen wurde und er sein Handwerk betreiben konnte. Die Prüfung wäre wohl nicht zu tadeln, vielleicht eher zu empfehlen gewesen, allein da die Zünfte selbst diese Prüfung abhielten, hatte der, welchen man nicht gerne aufnehmen wollte, oft mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Es war dieses, wie leicht zu denken, nicht selten der Fall, weil dabei gewöhnlich Brotneid mit spielte. Alle Frohndienste und Abgaben, die Jagd und sonstige besondere Rechte und Privilegien wurden sämtlich mit einem Schlage abgeschafft. Daß durch solche totale Umwälzungen mancher verlor, viele aber auch dabei gewonnen, brauch kaum erwähnt werden. Es war daher wichtig, diesen Zeitpunkt
Sofort beim Einzug der Franzosen mußte in allen Gemeinden Freiheitsbäume zum Zeichen der errungen Freiheit gepflanzt werden. Bei der ersten Organisation im Jahre 6 mußte diese Festlichkeit erneuert werden und so wurde hier am 26. Meßidor desselben Jahres (14. Juli 1798) zum zweitenmal ein Freiheitsbaum gepflanzt. Das darüber vorgefundene Programm beweist, mit welcher Feierlichkeit dieses Fest gefeiert werden sollte. Indessen hat der zweite so wenig als der erste Baum Wurzel gefaßt.
Der Winter 1798/99 war sehr kalt. Schon anfangs Dezember war der Rhein an mehreren Stellen zugefroren und blieb bis in den Februar hinein mit Eis bedeckt. Beim Auftauen entstand eine fast allgemeine Überschwemmung sowohl in hiesiger Gegend als auch in Holland. Im Entenbusch und am Erfken zu Till wurden die Deiche durchbrochen. Schrecklich aber waren die Verwüstungen unterhalb Cleves, besonders zu Mehr, wurden mehrere Häuser durch den Strom und das Eis fortgerissen und viele Menschen sowie eine Menge Vieh in den Fluten umkamen.
Am 9. November 1799, nach seiner Rückkehr aus Aegypten, stürzte der General Bonaparte das Direktorium zu Paris und führte die Konsularregierung ein. Er selbst wurde erster Konsul auf 10 Jahre und hatte die ausführende Gewalt. Im Jahre 1800 eroberte er ganz Italien wieder, welches während seines Zuges nach Aegypten unter dem Direktorium verloren gegangen war; auch schlugen die Franzosen die Oesterreicher und Reichstruppen in mehreren Schlachten in Deutschland, worauf am 9. Februar 1801 der Friede zu Luneville geschlossen wurde, kraft dessen das linke Rheinufer und Belgien an Frankreich förmlich abgetreten und infolge Gesetzes vom 18. Ventose Jahr 9 (9. März 1801) promulgiert (veröffentlicht) am 28. desselben Monats, der französischen Republik einverleibt wurden. Durch Beschluss der Konsuln vom 17. Ventose Jahr 8 (8. März 1800) wurden die Zentral- und Kantonal-Verwaltungen aufgehoben. Jedes Departement erhielt einen Präfekten nebst Präfekturrat und
Seite 12 - jeder Bezirk einen Unterpräfekten. Cleve wurde der Sitz eines Unterpräfekten. Die Gemeinden wurden zu Mairien zusammengefaßt und so entstanden hier im Kanton 6 Mairien, nämlich Calcar, Appeldorn, Grieth, Keppeln, Till und Uedem. Die Mairien Calcar ward aus der Stadt Calcar und dem Dorfe Altcalcar gebildet. Jede Mairie erhielt einen Maire (Bürgermeister) und einen Adjunkt (Amtsgehilfen, Sekretär) um die Polizei- und Gemeindeangelegenheiten zu verwalten und einen Munizipal- oder Gemeinderat, um über Gemeindeangelegenheiten zu beraten. Der erste Maire war Herr Gerhard Theodor Robbers.
Am 9. November 1800, an einem Sonntagnachmittage, erhob sich ein schrecklicher Orkan, der bis spät abends andauerte und großen Schaden anrichtete. Gebäude wurden entdacht, Schornsteine stürzten ein usw. Besonders stark litten die Holzungen und unter diesen vor allem die Tannen, wovon ganze Büsche entwurzelt und umgeworfen wurden. Auch die hiesige Kirche litt bedeutend. Ein Teil des Daches vom hohen Chore wurde abgeworfen, das vierte Glasfenster an der Südseite stürzte ganz ein usw.
Zufolge Beschlusses der Konsuln vom 13. Brumaire Jahr 9 (4. November 1800) sollten die neuen Maße und Gewichte vom 1. Vendemiaire Jahr 10 (23. Sept. 1801) für die ganze Republik bindend sein. Es waren diese neuen Maße und Gewichte nicht bloß durch ihre Benennung, sondern hauptsächlich dadurch von den alten unterschieden, daß sie ganz auf die Dezimalrechnung gegründet sind. Maßeinheit ist der metre (Meter), welcher der zehnmillionste Teil des Erdmeridian-Quadranten vom Nordpol zum Aequator ist. In diesem neuen System heißt 10 deca, 100 hecta, 1000 kilo, 10000 myria; dagegen ein Zehntel deci, ein hundertstel centi, ein Tausendstel milli, mithin ist ein Decameter 10, 1 Hectometre 100, 1 Kilometer 1000, 1 Myriametre 10000 Metre; hingegen ist ein Decimetre der 10te, ein Centimetre der 100ste, ein Millimetre der 1000ste Teil eines Metres. Ein Quadratmetre heißt ar (Anmerkung: hiermacht der Chronist einen Schnitzer, denn bekanntlich ist nicht 1 sondern 100 Quadratmeter ein ar.) 100 ar machen einen hectar; ein Cubicmetre heißt Stere. Ein Gefäß, welches inwendig einen Decimetre cubic ausmacht, heißt Litre oder Kanne; 100Litre machen einen Hectolitres. Man hat ein solches Gefäß, welches die Faßbarkeit
Seite 13 - eines cubischen Decimetres hat, mit reinem destillierten Wasser gefüllt und das Wasser gewogen; das Gewicht desselben hat man Kilogramm genannt, welch letzteres 1000 gramme enthält und das Pfund vertritt. <
Alle diese Benennungen von Are, Stere, Litre, gramme lassen sich durch Zusatz von deca, hecta, kilo, myria vergrößern und durch Hinzufügung von deci, centi, milli verkleinern, wie vorstehend bei Metre gezeigt ist.
Auch auf das Geld, wovon der Franken die Einheit ist, hat man das nämliche System angewandt. Der Franken wird in Zehntel oder Decimen und in Hundertstel oder Centimen eingeteilt. Ein Centime in Kupfer wiegt 2 gramme, ein Stück von 5 Centimen 10 gramme; 500 Centimen wiegen also gerade 1 Kilogramm. Ein Franken wiegt 5 gramm, ein Stück von 5 Franken 25 gramm und 40 5-Frankenstücke 1 Kilogramm. Ein Franken ist etwas mehr als 20 Stüber und macht nach dem jetzigen Kurs 7 Silbergroschen 10 Pfg.
Seite 14 - wurde, um ihn nicht zu kränken, der alte, ehrwürdige Pfarrer Theodor van Heek im Amte gelassen, bis er schließlich von selbst wegen Alters abdankte. Der erste Kantonalpfarrer war der damalige Pfarrer zu Calcar Herr Gerard van Rossum.
In gleichere Weise wurde auch die Konsistorial- und Lokalkirche der evangelischen Konfessionen circumscriliert und zu Calcar blieb, wie zuvor, eine Pfarre. Seit dem 4. Juli 1802, wo Herr Prediger van de Werth nach Rees berufen worden war, war hier kein Prediger; die Pfarre wurde durch den Prediger von Uedem bis zum 6. November 1808 mitversehen und alsdann vom Herrn Prediger van Spankeren wieder besetzt.
Am 9. Vendemiaire Jahr 10 (1.Oktober 1801) wurden die Friedens-Präliminarien zu London zwischen Frankreich und England geschlossen und so war nun nach einem Kriege von beinahe 10 Jahren, woran fast alle Mächte Europas beteiligt gewesen waren, der allgemeine Frieden hergestellt, allein er war nur von kurzer Dauer denn schon 1803 brachen die Feindseligkeiten zwischen beiden Mächten wieder aus. Erst 1814 endigten sie mit dem Sturze Napoleons.
Im Monat Praireal Jahr 10 (Mai 1802) wurde in ganz Frankreich darüber abgestimmt, ob Napoleon Bonaparte lebenslänglicher Konsul sein solle. Hier in Calcar waren 291 Stimmen für und keine gegen ihn.
Durch Beschluß der Konsuln vom 20. Praireal Jahr 10 (9. Juni 1802) wurden alle Kapitel, Klöster, geistliche Korporationen und Stiftungen aufgehoben. Selbst die Güter der Pfarrkirchen und der dabei vorhandenen Stiftungen waren in der Suppression begriffen, wurden aber bald nachher wieder freigegeben. Demnach wurden auch die drei hier bestehenden Klöster, nämlich das Dominikaner-Brigittiner- und Augustiner-Kloster aufgehoben. Im August 1802 erhielten die Religiösen hierselbst den Befehl, ihre Klöster innerhalb 10 Tagen zu verlassen, worauf sie sodann das Cäcilien- und Brigittinerkloster teils am 30. August abends 10 Uhr, teils am 2. September morgens geräumt haben. Die Dominikaner zogen einige Tage später aus. Daß die Suppression einige Sensation bei den Katholiken verursachte, wird leicht einleuchten, indessen war die allgemeine Stimmung nicht so sehr dagegen, als man hätte glauben sollen. Jeder Supprimierte, ohne Unterschied, Geistliche oder Laien, Männer
Seite 15 - der Frauen, erhielten eine lebenslängliche Pension von 500 Franken jährlich. Die Geistlichen wurden nach und nach bei den Pfarrkirchen als Kapläne und Pfarrer angestellt. Das Mobiliarvermögen der supprimierten Kirchen wurde den Bischöfen zur Verfügung übergeben; diese verteilten es unter die Pfarrkirchen. So find aus der Dominikanerkirche drei Altäre nach Keppeln und einer nach Goch gekommen, die Orgel aber nach Venray, die drei Altäre nebst der kleinen Orgel aus der Kirche der Augustinessen kamen an die Kirche zu Altcalcar. Der hiesigen Pfarrkirchen ist wenig zugeteilt worden. Sie hat nur die Kanzel aus der Dominikanerkirche und das Gestühl, welches jetzt auf dem St. Johannischor steht nebst einigen alten Bänken, die an den Seitenmauern der Kirche stehen, aus den genannten Klöstern erhalten, ferner ein Gemälde, die Kreuzigung Christi darstellend, welches auf dem genannten Chor dem Beichtstuhl gegenüber hängt sowie zwei Gemälde, die über den Kirchtüren der beiden Hallen hängen. Die alte Kanzel aus der hiesigen Pfarrkirche ist in die Kirche zu Bedburg gekommen, wogegen sie, wie gesagt, die Kanzel aus der Dominikanerkirche erhielt. Indessen ist dieser Tausch vielfach getadelt worden, weil die frühere Kanzel im alten Stil gearbeitet war und besser zu den in der Kirche befindlichen Altären und Schnitzereien paßte. Das Dominikaner- sowie das Brigittinerkloster sind am 27. Dezember 1803 verkauft und in den Jahren 1805-1808 abgebrochen.
Das Augustinerinnenkloster ist am 5. Oktober 1810 verkauft und in den Jahren 1811 und 1812 abgebrochen. Die Dominikaner und Brigittiner hatten eine sehr prächtige Bibliothek. Diese sowie alles andere Vermögen, mit Ausnahme des Mobilars der Kirche, ist vom Staate eingezogen. Schade, daß von all dem Vermögen, das von unseren Voreltern zu frommen Zwecken gestiftet war, nicht das Mindeste für den Unterricht oder sonstige gemeinnützige Zwecke erhalten worden ist.
Seite 16 - wohl das unangenehmste, was den Einwohnern dieses Landes widerfahren konnte, denn sie waren unter der preußischen Regierung ganz frei davon gewesen, also gar nicht daran gewohnt. Indessen trösteten sich die Wohlhabenderen damit, daß sie für 80 bis 100 Kronentaler einen Remplacant oder Ersatzmann haben konnten. In der Folge kostete aber ein solcher bei den anhaltenden Kriegen 3-6000 Franken und darüber. Manche Familie hat sich durch das Kaufen von Stellvertretern ruiniert. Im Dezember 1803 starb der Schullehrer Hansen. Er war zugleich Kirchenmeister und hat sich als solcher um die Kirche besonders dadurch verdient gemacht, daß er die Beschädigungen, welche dieselbe bei dem Orkan am 9. November 1800 erlitten hatte, wieder ausbesserte. An seine Stelle kam C. H. Scholte, welcher im Juli 1804 installiert wurde.
Seite 17 - Außer den beiden vorgenannten Volksschulen bestand bei der hiesigen Kirche noch eine Rektoratschule, worin u.a. auch die lateinische Sprache bis Syntaris gelehrt wurde. Dieselbe hat bis 1798 bestanden. Der Rektor war immer ein Geistlicher, dieser wohnte in dem vorbezeichneten neben der Kaplanei liegenden Hause, in dem bis 1791 auch die Rektoratschule gehalten wurde. Seitdem war sie in einem hinter der vorgenannten größeren Schule befindlichen Stübchen. Der letzte Rektor war Wolff, später Pfarrer zu Altcalcar, jetzt Officiant der Stiftung Willemsen.
Im Monat Praireae Jahr 12, (Mai 1804) wurden in ganz Frankreich und auch hier in Calcar Stimmregister eröffnet, ob die Kaiserwürde an die Familie Napoleon Bonaparte übertragen und dieser demnächst als Kaiser der Franzosen ausgerufen werden sollte. Es waren hier 416 Stimmen für und keine gegen ihn.
Der Winter 1804/05 war sehr streng. Beim Auftauen des Eises am 7. Februar 1805 entstanden Durchbrüche in der oberhalb liegenden Deichlinie, wodurch die ganze Gegend überschwemmt wurde. Am 2. März desselben Jahres wurde die hiesige Gegend von neuem überschwemmt. Im Patersdeich entstanden sechs Durchbrüche, wovon der bedeutendste nicht weit von der Grenze des Till-Moylandschen Deiches war. Auch entstand eine kleine Waye in dem Ackerlande der katholischen Armen, der Windmühle gegenüber.
Durch das Gesetz vom 22. Fructidor 13 (9. Sept. 1805) wurde der republikanische Kalender abgeschafft und vom 1. Januar 1806 an wieder der Gregorianische Kalender eingeführt.
Seite 18 - war nicht sehr rege. Einige glaubten, es könnte wieder eine Staatsveränderung eintreten und die Ankäufer von Domänen ihres Rechtes für verlustig erklärt werden, andere machten sich ein Gewissen daraus, geistliche Güter zu kaufen, wieder andere meinten, es kämen so viele Güter zum Verkauf, daß die Preise eher fallen als steigen würden. Allein es trat gerade das Gegenteil ein, denn zuletzt stieg der holländische Morgen guten Weidlandes bis über 2000 Franken. Mancher hat großen Vorteil aus diesen Verkäufen gezogen.
Im Februar 1807 wurden die Stadt Calcar und deren Umgegend durch Hochwasser, das bei Wesel über die Deiche lief, überschwemmt.Am 8. Oktober 1807 hat Seine Hochwürden Herr Marens Antonius Bardolet, Bischof von Aachen, die heilige Firmung in der hiesigen Pfarrkirche erteilt.
Im Jahre 1808 wurde das Schieferdach, das ganz und gar verschlissen war, so daß eine Ausbesserung nicht mehr möglich war, vom Rathause abgenommen und dasselbe statt mit Schiefer mit blauen Ziegeln gedeckt. Diese Arbeit hat 1925 Franken gekostet. Die Dachrinne, welche bis dahin rund um das Rathaus ging, wurde bei dieser Gelegenheit an der Ostseite abgenommen und das Mauerwerk bis unter dem Dach abgebrochen, weil die Rinne verschlissen war und keine Mittel vorhanden waren, sie zu erneuern.
Im Jahre 1808 wurde die Einimpfung der Kuh-oder Schutzpocken hier zuerst eingeführt. Der damalige Kantonspfarrer van Rossum erhielt von der Regierung eine Medaille, weil er sich so große Mühe gegeben hatte, die Vorurteile, die sich gegen die Impfung fast allgemein erhoben hatten, auszuräumen. Seit der Einführung der Impfung haben sich zwar von Zeit zu Zeit noch mal die natürlichen Blattern hier gezeigt, allein sie waren nicht so bösartig als sonst; auch wurden nur einzelne Personen davon befallen.
Die schrecklichste aller Überschwemmungen in der hiesigen Gegend war im Jahre 1809. Am 28. Dezember 1808 war der Rhein zugefroren. Am 11. Januar 1809 trat Tauwetter und am 13. Desselben Monats eine ebenso schnelle als furchtbare Überschwemmung ein, nachdem die Deiche zu Vynen, Obermörmter, Hönnepel, Till, Kellen und Griethausen durchbrochen worden waren. Am 14. Januar setzte plötzlich wieder Frost ein, der so stark war, daß der Rhein am 20. Januar wieder zufror und die
Seite 19 - weit überschwemmte Gegend mit einer dicken Eisdecke überzogen wurde. Am 25 Januar trat wieder Tauwetter ein und die Überschwemmung wurde noch schrecklicher als das erste Mal. Das Eis drohte alles zu zerstören und zerstörte auch wirklich alles, was sich seinem Laufe widersetzte. Viele Häuser wurden durch den Strom und das Eis fortgerissen und sehr viele stürzten ein. Eine ganz bedeutende Anzahl Vieh kam in den Fluten um. Das Wasser stieg so hoch, daß es ungefähr die vierte Stufe der i n n e r e n Treppe des Rathauses erreichte. Der Strom war selbst in der hiesigen Stadt so stark, daß man z.B. in der Altcalcarstraße Nachen nur mittels Taue, die man an den Häusern befestigt hatte, in die Stadt hineinziehen konnte. Steine wurden aus der Straße fortgerissen und Löcher darin getrieben. In Hanselaer waren de Gehm, de Gort, de Waye sowie die Gortsche Scheune eingestürzt und zum Teil samt Inhalt fortgerissen; alles Vieh war ertrunken. Auf der Waye hatten sich die Hofbewohner aufs Dach geflüchtet und hier eine ganze Nacht und den folgenden Tag um Hilfe gerufen, ohne daß man ihnen wegen des starken Stromes und Eises zu Hilfe kommen konnte. Endlich gelang es nicht ohne Gefahr, sie zu retten, wobei sich der Müller Gerhard van der Grinten vorzüglich auszeichnete. Der Schaden in der Stadt Calcar, welche wegen ihrer Lage im Vergleich zu anderen Gemeinden verhältnismäßig wenig gelitten hatte, wurde auf 49466 Franken berechnet. Die ganze Deichlinie am Rhein war gewaltig beschädigt, der Patersdeich ganz vernichtet.
Seite 20 - wollte. Es ist wirklich ein Wunder zu nennen, daß bei einem solchen außerordentlichen Naturereignisse nicht mehr Menschen umkamen. Am 27. Januar des Abend begann das Wasser zu fallen. Am 30. des selben Monats gegen Abend erhob sich ein starker Orkan, der zwar die ganze Nacht hindurch mehr oder weniger stark wütete, aber gegen 10 Uhr am stärksten war und der alles, was das Wasser verschont hatte, zu verwüsten drohte. Besonders fürchterlich war derselbe für diejenigen, welche vom Wasser noch nicht frei waren. Bemerkenswert ist es, daß nach der Kölner Zeitung „Der Beobachter“ vom 7. Januar der Astronom Lamarque vorhersagte, daß der Vollmond am 31. Januar „einen drohenden Umstand darbieten werde“.
Da die Deiche nicht so schnell wieder hergestellt werden konnten, wurde die Gegend am 14. September von neuem überschwemmt, wodurch das Maß des Unglücks voll wurde. Die noch auf den Feldern wachsenden Früchte wie Kartoffeln usw. gingen fast ganz verloren, die gemähten wie Buchweizen, Hafer usw. wurden größtenteils durch den Strom fortgerissen. Selbst in den Häusern ward vieles von den eingeernteten Früchten beschädigt. Der Kaiser gab zur Unterstützung der von dieser schrecklichen Überschwemmung Betroffenen 500 000 Franken, wovon auf Calcar 14088 Franken 90 Centimen entfielen; außerdem waren durch Kollekten ungefähr 200 000 Franken eingekommen, welche größtenteils zum Ankauf von Baumaterialien für die bedürftigen Einwohner sowie zur Behebung sonstiger Wasserschäden verwandt wurden. Zum Glück für die Deichschauen hatte damals der Staat die Unterhaltung der Deiche übernommen und so wurden diese 1810 und 1811 wieder gut instand gesetzt. Die desfallsigen Kosten wurden aus dem Ertrage der zusätzlichen Centimen, die der Grundsteuer beigeschlagen, und über das ganze Departement verteilt wurden, bestritten. Wäre dieses nicht der Fall gewesen, so würden die Deichschauen schwerlich imstande gewesen sein, soviele Durchbrüche und Deichbeschädigungen auszubessern. Durch die Erfahrung und besonders durch die Überschwemmung von September 1809 darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es sei, die unterhalb Calcars liegenden Schauen durch einen Querdamm von den oberhalb liegenden Deichschauen zu trennen, kam man im selben Jahre auf den Gedanken, einen Querdamm hier bei Calcar vom Patersdeich bis auf die Anhöhe am Fuße des Berges
Seite 21 - Am 6. Mai 1810 heiratete Napoleon die Erzherzogin Maria Louise von Oesterreich, nachdem er sich zuvor von seiner ersten Gemahlin Josefine hatte scheiden lassen. Es wurde aus diesem Anlaß am gleichen Tage in Calcar als Hauptort des Kantons ein verabschiedeter Militär namens Johann Theodor Linsen mit Katharina Verhaalen aus der Maire Till verheiratet. Derselbe erhielt vom Kaiser eine Heiratsgabe von 600 Franken. Es wurden deren 6000 in ganz Frankreich verheiratet.
Seite 22 - der neuen Karte Flur 4 Art. 156 und 157 verzeichnet und 169 Ruten 50 Fuß groß ist, sollte teils als Garten, teils als Bauplatz für das Haus des Pfarrers von Altcalcar dienen. Das andere Grundstück war für einen neuen Kirchhof bestimmt. Da es aber zu weit von der Stadt und dazu außerhalb der Pfarre Calcar lag, ist das Projekt nicht zur Ausführung gekommen. Die Stadt hat daher das ganze Grundstück zu zwei Gärten eingerichtet und verpachtet. Im Jahre 1824 wurde ein Garten katholischen Schule zur Anlage einer Baumschule überwiesen, der andere aber nach wie vor verpachtet.
Der Sommer des Jahres 1811 war äußerst angenehm und so fruchtbar, als man sich nur wünschen konnte. Alle Saaten standen üppig und versprachen außerordentlich guten Ertrag; an Gemüse war Ueberfluß. Indessen war die Körnerfrucht ganz mißraten. Der Wein dieses Jahres aber war so vorzüglich, daß er noch lange Jahre nachher gerühmt wurde.
Am 31. Oktober 1811 passierten der Kaiser Napoleon und die Kaiserin Maria Louise unser Gebiet. Die Majestäten kamen aus Holland und nahmen ihren Weg über die alte Landstraße. Da sie aus dieser Reise von fast sämtlichen Ministern begleitet wurden, war das kaiserliche Gefolge sehr groß. Dieses geht daraus hervor, daß auf dem Calcarerberg, wo am alten Posthause ein Relais angeordnete war, 500 Vorspannpferde aus den benachbarten Gemeinden in Bereitschaft standen und dennoch fehlte es an Pferden, als abends die letzten Wagen eingetroffen waren. Der Zug dauerte aber auch von 3 Uhr nachmittags, als der Kaiser ankam, bis Abend spät. Er saß mit dem Marschall Berthier in einem besonderen Wagen und unterhielt sich, während dem die Pferde gewechselt wurden, mit dem Maire der Stadt, von dem er bewillkommnet worden war, über die Zahl und den Gewerbefleiß der Einwohner usw. Als der kaiserliche Wagen die unweit des alten Posthauses befindlichen Anhöhe hinauffahren wollten, zerrissen mehrere Male die Pferdestränge, wodurch ein Aufenthalt von mehr als einer Viertelstunde entstand. Die Kaiserin, die mit der Gemahlin des Marschalls Lanaes in einem Wagen saß, wurde bei ihrer Ankunft ebenfalls von dem
Seite 23 - Maire bewillkommnet und die Töchter des Friedensrichters Raab überreichten ihr einen Blumenstrauß. Es wurde ihnen ein Geschenk zum Andenken versprochen, das jedoch nie hier angekommen ist. Der Kaiser fuhr noch am selben Tage bis Wesel, die Kaiserin bis Rheinberg.
Am 2. Dezember 1811 starb Herr Christian Cornudus. Er war der erste fundierte Kaplan an der hiesigen Kirche und ein sehr eifriger Herr in Erfüllung seiner Amtspflichten.
Der Winter 1811/12 war sehr gelinde und die Vegetation währte ununterbrochen fort.In diesem Winter war in unserer Gegend ein Regiment Carbiniers einquartiert; auch in Calcar lag eine Abteilung. Von diesen Regimentern zählte die französische Armee nur zwei. Die Franzosen nannten diese schönen Regimenter „Ies Regiments favorits d l`Empereur“ Im März 1812 marschierte das hier einquartierte Regiment nach Polen, um gegen Rußland zu Felde zu ziehen. Die meisten Soldaten, von denen viele Polen aus den Jahren 1805/06 kannten und es das „Läuseland“ nannten, hatten einen Abscheu gegen den Marsch nach Polen. Es war, als hätten sie schon ein Vorgefühl von dem Unglück gehabt, das ihnen bevorstand.Die Treppe vor dem Eingang des Rathauses war vorher so gebaut, daß der Ausgang an beiden Seiten derselbe war. Im Jahre 1812 wurde diese alte Treppe abgebrochen und eine neue gebaut, die nur einen Aufgang hat. (Es ist dies die jetzige Treppe).
Seite 24 - Schnee und Mangel an Lebensmitteln. Beim Uebergang über die Beresina im Monat November erlitt die Armee eine gänzliche Niederlage und von der großen, schönen Armee waren nur wenige, die Polen wieder erreichten. Preußen, Oesterreich und die deutschen Staaten rückten nach und nach von Frankreich ab und die Franzosen hatten sich allmählich bis hinter die Elbe zurückgezogen. Die früheren Alliierten Frankreichs wurden nun Alliierte Rußlands. Im Sommer 1813 fanden noch mehrere Schlachten und Gefechte zwischen den Franzosen und den Alliierten mit abwechselndem Glücke statt, bis die ersten in der Schlacht bei Leipzig am 18. Oktober völlig geschlagen und zum Rückzuge über den Rhein gezwungen wurden. So kamen im November 1813 die Trümmer der französischen Armee nach hier zurück.
Von Mitte November bis zum Abzug der Franzosen war Calcar anhaltend mit Truppen belegt. Der kommandierende General der französischen Truppen der hiesigen Gegend war der Marschall Macdonald, Herzog von Tarente. Er hatte sein Hauptquartier zu Cleve. Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1813 fielen die Kosaken bei Grieth und Rees über den Rhein, zogen sich aber am gleichen Tage wieder zurück. Ein Kommandant und ein Wachtmeister der hier liegenden Lanzenreiter, die zum Rekognoszieren ausgeritten waren, sich aber zu weit gewagt hatten, wurden bei dieser Gelegenheit im Mühlenfelde bei Niedermörmter nach einem Gefechte, worin beide verwundet worden waren, von den Kosaken gefangen genommen.
Am 5. Januar 1814 morgens gegen 7 Uhr zogen die letzten Franzosen hier ab. Es war eine Abteilung Lanzenreiter. Sie wollten durch das Altcalcartor auf dem gewöhnlichen Wege nach Uedem reiten. Als sie aber am Tore anlangten, war dasselbe noch verschlossen und die Schlüssel, die jeden Abend zur Wache gebracht werden mußten verlegt. Sie ritten schleunigst auf dem kürzesten Wege an der Kirche vorbei über die Herrenstraße zum Monretor und verließen durch dieses die Stadt. Das Hauptquartier der Franzosen wurde um die nämliche Zeit von Cleve nach Geldern verlegt. Die Franzosen lagerten noch einige Tage an der Niers, zogen dann aber nach Venlo und weiter nach Frankreich zurück, ohne daß in der hiesigen Gegend das kleinste Gefecht gewesen ist.
Seite 25 - Am 6. Januar 1814 kamen die ersten Kosaken hier an. Es war ein Trupp von etwa 100 Mann. Sie kamen von Rees und ritten nach Cleve, kehrten aber gegen Abend wieder nach Rees zurück. Bis dahin war immer noch eine Herbstwitterung. Sonderbarerweise stellte sich an diesem Tage aber die Kälte ein, sodaß man zu sagen pflegte, die Kosaken hätten den Winter mitgebracht. Am 7. Januar traf wieder eine Abteilung Kosaken in Stärke von etwa 400 Mann, von Rees kommend, hier ein. Sie blieben den ganzen Tag über hier und schickten Patrouillen nach Uedem, wo sich von Zeit zu Zeit noch Franzosen sehen ließen. Sie hatten sich auf dem Markte gelagert und ihre Pferde angebunden. Auf dem Rathause wurde eingeheizt und ihnen zu essen und zu trinken gegeben. Jeder Einwohner beeilte sich, etwas dorthinzubringen, weil niemand die Kosaken, vor denen jeder Angst hatte, gern im Hause haben wollte. Indessen hatten sie sich doch in mehreren Häusern am Markt einquartiert; die übrigen Häuser in der Stadt blieben aber fast alle verschont. Die Kosaken zogen abends gegen 6 Uhr nach Xanten ab. Sie waren sehr unmäßig im essen und trinken, haben hier aber nicht die geringsten Expresse gemacht. Einige Tage später kamen des Abends einige hundert Kosaken, von Rees kommend, hier durch die Stadt; sie zogen nach Cleve, wo sie lange einquartiert gewesen sind.
Gegen Mitte Januar erhielt der Maire von Calcar die amtliche Mitteilung aus Rees, daß in wenigen Tagen 6000 Kosaken bei Rees über den Rhein gehen und über Calcar weiter nach Frankreich marschieren würden.
Seite 26 - nicht verhindert worden wäre. Als die ganze Gegend um Calcar tief und bis an die Krone der Deiche unter Wasser stand, fror alles zu, so daß die ganze Gegend eine einzige Eisdecke war. Alle erinnerten sich noch mit Schrecken der Verwüstungen von 1809, denn man befürchtete nicht ohne Grund, daß beim Losbrechen des Rheines Eis und Strom wieder alles verwüsten würde. Doch tröstete man sich damit, daß man von den Kosaken, vor denen alle einen großen Schrecken hatten, befreit würde. Indessen hatte die Vorsehung es anders und besser beschlossen. Das Wasser fiel unter dem Eis weg, der Rhein blieb bis gegen den 20. März stehen und das durch die Kraft der Sonne morsch gewordene Eis sank und verschwand, ohne daß der Rhein aus den Ufern trat. Das Eis lag hier so hoch, das man sich Ende März mit Aexten den Weg in der Viehstege unweit des „Ritters“ bahnen mußte, um mit einem Fuhrwerk durchzukommen und an manchen Stellen, wo es der Sonne nicht zu sehr ausgesetzt war, blieb es weit bis in den Monat April hinein liegen.
Im Januar 1814 kam von Nymegen der Königl. Preuß. Major von Reiche Kommandeur eines freiwilligen Jägerbataillons in Cleve an, der mittels Proklamation vom 19. desselben Monats im Namen der Alliierten Besitz vom Lande nahm. Er schrieb sofort eine schwere Requisition zur Bekleidung seines Bataillons aus, auch errichtete er ein kleines Korps Infanterie und Kavallerie, wozu jede Bürgermeisterei 16 Mann für die erst- und 6 Mann für die letztgenannte Waffengattung samt Pferden, Montierungs- und Armierungsstücken liefern mußte. Durch diese Requisition wurden manche Familien wegen der zu stellenden Mannschaften in große Verlegenheit gebracht und den Gemeinden große Kosten verursacht. Es kam in manchen Gemeinden zu unangenehmen Austritten, weil vorzugsweise alle jene Leute eingestellt werden sollten, welche aus den französischen Diensten zurückgekehrt waren. Sie hielten diese Verordnung aber für unrecht und an manchen Orten widersetzten sie sich. Diese Korps hatte die Belagerung von Venlo mitgemacht; es war nur mit Picken und Lanzen bewaffnet. Später wurde es aufgelöst.
Seite 27 - Insel Elba verbannt. Infolge des Pariser Friedens vom 30. Mai 1814 mußte Frankreich auf alle früheren Eroberungen verzichten. Zu Aachen wurde ein Generalgouverneur in der Person des Herrn Sack, eines geborenen Clevers, eingesetzt, der die Länder am linken Rheinufer unter dem Namen eines Gouvernements vom Niederrhein für Rechnung der Alliierten verwaltete. Anstelle der Präfekten wurden Gouvernementskommissare und an stelle des Unterpräfekten Kreisdirektoren eingesetzt. Jedes Kanton erhielt einen Kantonskommissar, die Gemeindeeinteilung blieb aber wie sie war, nur erhielten die Maire die Bezeichnung “Bürgermeister“ und die Mairien die Bezeichnung „Bürgermeistereien“. Nach dem Pariser Frieden blieben die Länder diesseits des Rheins stark mit Truppen belegt, wahrscheinlich deshalb, weil man den Franzosen nicht traute. Hier im Kanton war das Elberegiment, von dem der Stab in Calcar lag, von Juli bis Dezember einquartiert, alsdann wurde es nach Emmerich und Umgebung verlegt. Die Einwohner haben durch diese Einquartierung sehr gelitten und die Quartiergeber konnten auch die zehn Stüber nicht trösten, die sie für jeden Soldaten erhielten, weil der Unterhalt der Truppen viel kostspieliger war und sie vielen Unannehmlichkeiten durch die Soldaten ausgesetzt waren.
Im März 1815 landete Napoleon von Elba zurückkehrend, wieder in Frankreich und vertrieb den König Ludwig XVIII. Die Alliierten rückten wieder gegen die Grenzen Frankreichs vor und am 18. Juni kam es bei Waterloo zur Schlacht worin Napoleon gänzlich und endgültig überwunden wurde. Die Alliierten besetzten Paris zum zweiten Male, Napoleon wollte nach England flüchten wurde aber angehalten und als Gefangener nach der Insel Helena abgeführt. Nach der Landung Napoleons wurde hier die Landwehr zum ersten Male aufgerufen; sie war im Nu organisiert und setzte sich in Frankreich in Marsch. Infolge der im Frühjahr gepflogenen Verhandlungen des Wiener Kongresses sind die hiesigen Länder der Krone Preußens anheimgefallen. Nach dem Allerhöchsten Patent d. d. Wien, den 5. April 1815 hat S. M. Friedrich Wilhelm III., König von Preußen, Besitz der hiesigen Provinzen genommen und am 15. Mai desselben Jahres fand die feierliche Huldigung statt.
Seite 28 - An seine Stelle kam Herr Philipp Jakob Josef Deboeur; er wurde am 5. April eingeführt, hatte aber schon einige Wochen vorher Dienst getan.
Seite 29 - allein durch das Quell-und Regenwasser wurde der Polder doch fast ganz überschwemmt wie dies bei allen Sommerpoldern der Fall war, weil die Schlusen meist verschlossen waren und das Quell-und Regenwasser keinen Abfluss hatte. Not und Elend stiegen für Menschen und Vieh aufs höchste, denn es war ein allgemeiner Mißwachs. Das Korn in den Aehren, der Klee, das Stroh auf den Feldern, das Gras in den Weiden, kurz alle Früchte waren wie verfault und nichts kam zur völligen Reife. Weizen, Roggen, Gerste usw. waren fast wie Krins und ohne Substanz. An manchen Orten aßen weniger bemittelte Leute das, was sonst gewöhnlich als Viehfutter diente und das Vieh wurde in Mengen aus den Niederungen auf die Anhöhe getrieben, um dort in den Wäldern Nahrung zu suchen. Alles stieg im Preise, ein Pfund Butter z.B. kostete ungefähr 30 Stüber, das Schweinefleisch wurde in der Schlachtzeit mit 10 bis 12 Stüber pro Pfund und darüber bezahlt, die Kornfrüchte hielten sich noch einigermaßen im Preise, weil noch Vorrat aus den vorhergehenden Jahren vorhanden waren und stiegen erst im Jahre 1817 bedeutend. Doch waren auch schon 1816 die Preise nicht gering. Es kostete in clevischem Gelde
ein Berliner Malter Weizen 25 Reichstaler
ein Berliner Malter Roggen 20 Reichstaler
ein Berliner Malter Gerste 12 Reichstaler
ein Berliner Malter Buchweizen 19 Reichstaler
ein Berliner Malter Hafer 7 ½ Reichstaler
Seite 30 - Stadt von der evangelischen Gemeinde abgekauft und die Kaufsumme aus der Gemeindekasse bezahlt. Im Jahre 1817 stiegen die Preise für Kornfrüchte aufs höchste, denn die Ernte im Jahre 1816 war ganz mißraten und es war kein Vorrat vorhanden. Als die Preise am höchsten waren, kostete im clevischem Gelde ein Berliner Malter Weizen 37 Reichstaler, Roggen 28, Gerste 20 ½ , Buchweizen 27 und Hafer 12 Reichstaler.
Seite 31 - Preise einzukaufen, als nach der Kopfzahl der Bevölkerung erforderlich war.
In demselben Jahre wurden die Bögen über den Mittelgraben an der Fattjesbleiche, an beiden Seiten des Rathauses, und an der Klostersteege von Grund aus repariert und fast ganz erneuert. Die übrigen beiden wurden einige Jahre später in derselben Weise ausgebessert. 1817 wurde Herr Kaplan Aretz als Pfarrer nach Qualburg versetzt. An seine Stelle kam Herr Bernard Coenders als Kaplan nach Calcar.
Die Lehrerstelle an der hiesigen evangelischen Schule, die seit dem Tode des Herrn Berkemeyer unbesetzt war, wurde in diesem Jahre dem Herrn Martin übertragen.
Seite 32 - Der Garten hinter der Schule und den beiden Wohnung der Lehrer gehörte zu der bei der Katholischen Kirche hierselbst bestehenden Anniversarien- oder Präsens-Stiftung . Diesen hatte der Organist Bosmann in den letzten Jahren in Pacht gehabt. Der Garten hinter der Kaplanei und der Küsterei, welchen der Küster in Pacht hatte, gehörte der Kirche. Es wurden diese beiden Gärten, nun dergestalt verteilt, daß derjenige Teil, welcher hinter der Küsterei liegt, dem Kaplan und der andere Teil den beiden Lehrern in Benutzung gegeben wurde, ohne daß die Kirche oder Anniversarienstiftung dafür entschädigt wurde.
Im März und April 1818 stand das Wasser fast immer bei Nr. 15 des hiesigen Pegels und im Mai stieg es bis 17, die niedrig gelegenen Weiden am Kalflak und an der Ley wurden zwar unter Wasser gesetzt, doch kam es zu keiner größeren Überschwemmung.
Am 5. Juli brannten drei den kath. Armen gehörige, in der Serviettensteege gelegene Häuser ab.
Im Jahre 1818 betrug die Einwohnerzahl von Calcar 1537, von Altcalcar 521, zusammen die Bürgermeisterei Calcar 2058.
In der Nacht vom 15. zum 16. Januar 1819, also mitten im Winter, wütete hier ein starker Sturm, der von Blitz und Donner begleitet war.
Seite 33 - Im selben Jahre wurde die Monrestraße vom Markte bis zum Ende neu gepflastert. Die Kosten beliefen sich auf 515 Taler, 23 Sgr. 5.Pfg. Im gleichen Jahre wurde Herr Kaplan Coenders zum Pfarrer von Niedermörmter ernannt und es kam an seine Stelle Herr Caspar Misbach.
Am 27. Dezember 1819 wurde Calcar sowie die Bürgermeistereien Appeldorn und Grieth überschwemmt. Nach 4 Tagen begann es zu fallen. Neujahr trat ein starker Frost ein, der bis zum 18 Januar 1820 dauerte.
Seite 34 - oder Kaplan bei der hiesigen kath. Kirche angestellt und Herr Mott dazu ernannt. Herr Pfarrer Wolff aus Altcalcar wurde nach Overzier versetzt.
Schon am 17. November 1820 fiel sehr viel Schnee, der aber nach einigen Tagen wieder verschwand. Am 23. Dezember trat ein so starker Frost ein, daß der Rhein in wenigen Tagen zugefroren war. Am 7. Januar 1821 stellt sich ein gelindes Tauwetter ein und das Eis im Rhein verschwand, ohne daß es zu einer Überschwemmung gekommen ist.
Am 17. Dezember 1820, einem Sonntage, wurde der neue Kirchhof am Altcalcartore durch den Pfarrer Deboeur eingeweiht. Am 7. Januar 1821 wurde die erste Leiche darauf beerdigt. Der Verstorbene hieß Gerard Scheepers, ein Weber und Tagelöhner, der noch wenige Tage vorher an der Einrichtung des neuen Friedhofes mitgeholfen hatte.
Am 26. Juli 1820 wurden 50 Morgen 293 ¾ Ruten von den Gemeindeweiden zur Tilgung der Gemeindeschulden verkauft. Es lagen diese Gründe zwischen dem Reeserwege und dem Wege von der Oybrücke nach Appeldorn, nur die sogenannte Roermonds- und die Ferkesweide behielt die Stadt für sich. Dieser Verkauf brachte ein 30932 Taler 15 Sgr. Die Schulden der Stadt beliefen sich zur Zeit auf 30927 Taler 29 Sgr. 3 Pfg., nämlich alte oder verzinsbare Schulden 23703.17,3 Thr., neue oder unverzinsbare Schulden, welche beim Einzuge der Franzosen gemacht worden waren 2767,5 Thlr., Zinsen-Rückstände 4455,7 Thlr., Summe wie vor
Seite 35 - 30927,29.3 Thlr., welche mittels der Einnahmen aus dem Verkaufe der vorbezeichneten Grundstücke und der sonstigen außergewöhnlichen Einnahmen der Jahre 1821-1823 gänzlich getilgt wurden.
Der Winter 1821/22 war sehr gelinde. Im Dezember 1821 sah man Bäume in Knospen und Blüten stehen und es war keine Seltenheit, daß man die Lerche wie im Frühling trillern hörte.Im Februar 1820 wurde der Stadt amtlich angezeigt, daß seine Majestät der König geruht habe, den Einwohnern von Pfalzdorf den sogenannten Calcarwald liegend zwischen Altcalcar, Moyland, Schneppenbaum, Keppeln und dem Wege von Calcar nach Goch in Erbpacht zu geben. Es hatten die Einwohner von Altcalcar, Schneppenbaum und Keppeln seit undenklichen Zeiten das Recht, in diesem Walde Heide zu hauen und ihr Rindvieh zu weiden. Unter der französischen Regierung wurde ihnen dieses Recht bestritten, weil sie sich durch keine Urkunde darüber ausweisen konnten. Indessen blieben sie fortwährend im Genusse dieses Rechtes, bis sie endlich durch einen vom Ministerium genehmigten Präfekturbeschluß gegen eine geringe jährliche Abgabe in ihren uralten Rechte bestätigt wurden. Durch die Koloniesierung des Waldes ging das Recht des Weideganges und Heidehiebs verloren, weshalb die vorgenannten Gemeinden eine Entschädigung für den Verlust dieses Rechtes forderten. Die Bevollmächtigten Pfalzdorfs boten jeder der drei Gemeinden Altcalcar, Schneppenbaum und Keppeln je 50, also insgesamt 150 holl. Morgen gegen eine jährliche Rente von 1 Tlr. 15 Sgr. pro Morgen als Entschädigung an. Die Gemeinden waren hiermit aber nicht zufrieden und forderten eine durch
Seite 36 - Sachverständige nach der Größe des erlittenen Verlustes festzustellende Entschädigung. Es entstand hierüber ein Prozess zwischen ihnen und den Bevollmächtigten, der in den Jahren 1821-1823 geführt wurde. Die Gemeinden gewannen diesen Rechtsstreit in erster Instanz zu Cleve, verloren ihn aber beim Appellhof in Köln. Sie suchten nun in Berlin Kassation und Revision nach. Ihr. Einspruch wurde aber verworfen, weil der Advokat da selbst versäumt hatte, denselben innerhalb der Einspruchsfrist einzulegen. Währenddem dieser Rechtsstreit vor sich ging, waren die Kolonisten mit dem Ausroden des Waldes fortgeschritten und hatten Wohnhäuser gebaut und in zwei bis drei Jahren war fast der ganze Wald kultiviert. In diesen Jahren wurden auch die meisten Wohnhäuser gebaut. Zuerst gebaut und zwar im Jahre 1821 haben Martin Hohl, Jakob Hogstein und Bernhard Köter. So entstand das neue Dorf, welches nach der verstorbenen Königin Louise von Preußen Louisendorf benannt wurde. Im Jahre 1829 wurde die Mühle da selbst gebaut.
Im Jahre 1822 wurde die Straße hinter der Kirche von der Schule bis zur Monrestraße neu gepflastert.
Im selben Jahre wurde ein Fußgestell zu einem Kreuze oder Kalvarienberg auf dem neuen Friedhof vor dem Altcalcartor erbaut. Die Kirche gab das steinerne Kreuz, welches früher auf dem Kirchhof bei der Kirche gestanden hatte. Die Stadt hat die Kosten des Gestells bezahlt.
Seite 37 - wurden dadurch überschwemmt. Am 5. Februar trat wieder ziemlich starker Frost ein und das Wasser wurde mit einer solchen Eisdecke belegt, daß kaum mit einem Rachen durchzukommen war. Durch einen Dammbruch bei Bislich kam eine Erleichterung und das Wasser fiel hier bedeutend.
Im gleichen Jahre wurde der Querdamm bei Calcar erhöht und verlängert. Zuvor lief er nur bis zur Viehsteege, nun aber wurde er weiter durchgeführt und überall so viel erhöht, als die neuen Anlagen jenseits der Viehsteege höher als die Grundfläche waren. Die Gefahren, welchen der Querdamm bei der letzten Überschwemmung ausgesetzt gewesen, hatten Veranlassung zu dieser Erhöhung und Verlängerung gegeben.
Seite 38 - Im Jahre 1824 erhielt die erste katholische Schule neue Schreibpulte. Die Kosten wurden aus der Gemeindekasse bestritten.
Der Monat Oktober 1824 war sehr regnerisch und stürmisch. Durch den anhaltenden Regen waren alle Bäche und Flüsse aus den Ufern getreten. Da die im Jahre vorher in dem Rheindeiche zu Niedermörmter entstandenen Durchbrüche nicht ausgebessert worden waren, wurden bei dem hohen Wasserstande die Bürgermeistereien Calcar, Appeldorn und Grieth überschwemmt. Das Wasser blieb in Calcar vom 2. bis zum 23. November, in den Bürgermeistereien Grieth und Appeldorn, aber bis anfangs Dezember, also 4 Wochen lang, stehen. Der durch die Überschwemmung verursachte Schaden war enorm. Eine große Menge Kartoffeln und andere Bodenerzeugnisse, die ungeerntet auf den Feldern standen oder bereits in Mieten untergebracht waren, gingen verloren. Die Scheunen standen größtenteils tief im Wasser und die darin lagernden Früchte waren dem Verderben preisgegeben. Das gleiche Schicksal erlitt das noch draußen stehende Korn und Heu, das größtenteils durch die Wassermassen fortgerissen wurde. So sah der Landmann die Früchte der ganzen Ernte durch die Fluten größtenteils verloren gehen. Im Dezember trat eine zweite Überschwemmung ein, bei der die Bürgermeistereien Calcar, Appeldorn und Grieth von neuem überschwemmt wurden. Das Wasser blieb diesmal etwa 14 Tage lang stehen. Die Not und das Elend wurden durch diese zweite Überschwemmung noch bedeutend vermehrt.
Am 8. Januar 1825 starb der hiesige Kantonalpfarrer, Herr Philipp Jakob Joseph Deboeur an den Folgen von Engbrüstigkeit. Er war 1768 zu Aachen geboren, wo er seine Jugend und ersten Studienjahre verbrachte, trat 1785 in den Orden der Konventuellen, empfing 1791 die Priesterweihe und wurde bald darauf Lehrer der Philosophie und Theologie. Nach Aufhebung der Klöster war er zuerst Pfarrer von Anholt, dann von Ramsdorf und zuletzt – seit 1815 – von Calcar. Er hinterließ ein sehr bedeutendes Vermögen, über das er bei seinem Tode keine letztwillige Verfügung getroffen hatte.
Seite 39 - Wohl hatte er öfter seinen Freunden gegenüber geäußert, daß er sein ganzes Vermögen zu Gunsten der Calcarer Armen und zu Unterrichtszwecken verwenden wolle. Weil er aber keine diesbezügliche Bestimmung von Todes wegen getroffen hatte, ging seine Hinterlassenschaft der Gemeinde Calcar verloren.
Im Jahre 1825 war das Obst vollständig mißraten. Ursache war die Raupenplage. Es waren Raupen in solcher Menge vorhanden, daß sie Bäume und Hecken kahl fraßen.
Seite 40 - Pastors aus Cleve hatte von dem Forstinspektor Heinzen und dem Revi erförster Everts die Erlaubnis erhalten, auf dem Monreberg, damals dem Forstfiskus gehörend, nach Altertümern zu graben. Unverhofft fand er nun, vollständig unter Schutt vergraben am 1. Juli 1826 den sagenhaft gewordenen Römerbrunnen. Es wurden alsbald nötige Maßnahmen zu seiner Erhaltung getroffen.
Am 17. Januar 1827 setzte ein Frostwetter ein und wenige Tage darauf stellte sich der Rhein. Am 26. Februar trat Tauwetter ein und am 2. März verschwand die Eisdecke im Rhein, ohne besonderen Schaden angerichtet zu haben.
Seite 41 - Hanselaertor noch stehengebliebene Mauerwerk auf Abbruch verkauft. Calcar blieb von nun an eine offene Stadt.
Auf Antrag des Gemeinderats wurde am 2. April 1828 regierungsseitig genehmigt, daß der erste Flachsmarkt am 2. Oktober und der zweite am 29. desselben Monats stattfinden soll.
Am 18., 19. und 20. Mai 1829 spendete der hochwürdigste Bischof Caspar Maximilian von Münster in der hiesigen Kirche die heilige Firmung. Aus der Pfarre Calcar wurden 441 Personen gefirmt.
Seite 42 - erste, der zur Käsefabrikation hier zu Lande überging, war der Deichgraf Reymer, Landwirt zu Rindern, der durch seine Familie im Holländischen auf die Wichtigkeit dieses Gewerbezweiges und auf die Herstellung nach Holländischer Art und Weise aufmerksam gemacht worden war.
Am 21. Mai brannten in der Kesselstraße die Häuser Nr. 86, 87 und 88 des Hermann Koimann, Jakob Degroot und der Witwe Gietjes ab, ohne daß die Entstehungsursache des Brandes ermittelt worden ist.
Seite 43 - Stadt Calcar wurde teilweise unter Wasser gesetzt.
Der Sommer des Jahres 1831 war durchgehends naß und kalt. Prächtige Witterung herrschte jedoch im Monat Oktober.
Wegen der Unruhen, welche im Jahre 1830 in Frankreich und Belgien ausgebrochen waren, war die hiesige Gegend im Jahre 1831 mehr oder weniger mit preußischen Truppen belegt. Man befürchtete nämlich einen Krieg zwischen Holland und Belgien, weil sich letzteres unabhängig von Holland erklärt hatte.
Seite 44 - Zoll und eine Dicke von 8 Zoll. In seinem oberen Teil war eine auf einem Ruhebett liegende, auf einen Arm sich stützende männliche Figur eingehauen. An deren Füßen stand eine zweite männliche, aber trauernde Figur. Vor dem Bette auf einem Tische waren einige Trinkgefässe bemerkbar. Dann folgte die Inschrift:
Der Eigentümer des Grundstücks, Ackerer Johann Pastoors aus Appeldorn, machte Fundrechte an dem Stein geltend und verkaufte ihn am folgenden Tage für Friedrichsd´or oder 11 Taler 10 Sgr. berliner Courant an den Notar Philipp Houben in Xanten. Der Bürgermeister Robbers von Calcar ließ den Stein jedoch, weil er die Rechtmäßigkeit der Ansprüche des Pastoors bezweifelte, unter Billigung der landrätlichen Behörde im Rathause zu Calcar sicherstellen. Er hegte nämlich die Vermutung, daß die Arbeiter, die den Stein gefunden hatten und die im Dienste der staatlichen Bauverwaltung standen, die Verpflichtung hatten, die etwa zu Tage geförderten Altertümer dem Staat auszuliefern. Die Regierung zu Düsseldorf entschied indessen nach Vortrag des Sachverhalts, daß der Grabstein dem Notar Houben auszuliefern sei, weil der Staat keinen rechtlichen Anspruch auf ihn habe, da es sich bei dem Fundgrundstück nicht um ein vom Staate gekauftes handeAm 14. Juli 1932 nachmittags überzog ein schweres Gewitter die Stadt und Umgegend. Es war von einem starken Orkan begleitet. Heu und Feldfrüchte, die gemäht auf Feld und Wiese lagen, wurden fortgeschleudert und zerstreut. Es seien nur erwähnt das Hinterhaus des Peters am Bolk, das Hinterhaus des Peerenboom unweit davon, das Hinterhaus auf Rinzenhof, Vorder- und Hinterhaus sowie Scheune und Schuppen des van de Kamp auf der Gort zu Hanselaer, Hinterhaus und Scheune der Witwe Lörks auf der Waye und die Scheune des Gerhard van Bebber daselbst.
Seite 45 - Der Sommer des Jahres 1832 war durchgehend naß und kalt, sonderbarerweise waren die Gewitter aber häufig und heftig.
In der Nacht vom 12. zum 13. November 1832 war eine seltsame, den Sternschnuppen ähnliche Lufterscheinung, welche von nachts 2 Uhr bis zum Anbruch des Tages dauerte und ein solches Licht verbreitete, daß man hätte glauben können es blitze; dabei schien der Mond außerordentlich hell. Die Erscheinung war schaurig schön anzusehen.
Durch Verfügung des Ministeriums vom 2. März 1828 wurde die Kolonisierung und Verteilung des zwischen Altcalcar, Keppeln, Louisendorf und dem Rayerend liegenden Waldes verordnet. Die Verlosung fand am 4. Juni 1832 statt, der Wald wurde unter den Einwohnern von Pfalzdorf und mehreren Einwohnern von Altcalcar, Keppeln und Louisendorf verteilt gegen eine jährliche Rente zu Eigentum überlassen. Im folgenden Jahre wurden die ersten Häuser in der neuen Kolonie gebaut und zwar von Friedrich Reis, Heinrich Lauff und Theodor Prust. Die Seelenzahl betrug 18. Die Kolonie erhielt den Namen Neulouisendorf. Durch landrätliche Verfügung vom 26. Oktober 1833 wurde dem Bürgermeister von Calcar die Aufnahme der Personenstandsurkunden der neuen Gemeinde übertragen. Die Zuteilung Neulouisendorfs zur Bürgermeisterei Calcar erfolgte durch Verfügung vom 14. November 1835. Die Rentenverträge datieren vom 1. Mai 1834. Den Kolonisten wurden 10 Freijahre gewährt, hatten danach aber eine jährliche Renten von 15 Sgr. 5.Pfg. je preuß. Morgen zu zahlen; sie war also zum ersten Male im Jahre 1842 fällig.
Seite 46 - Am 13. Oktober 1833 abends 10 Uhr starb an den Folgen der Wassersucht Herr Heinrich Hermann Langen, Kantonspfarrer zu Calcar, geboren daselbst am 24. September 1762. Seine Jugend und ersten Studienjahre verbrachte er in Calcar und Kempen und besuchte darauf die damals blühende Universität zu Löwen. Er empfing am 15. April 1786 die Priesterweihe und wurde an der Kirche seiner Vaterstadt als Vikar angestellt, wo er eifrig in der Seelsorge wirke, bis er 1812 als Pfarrer nach Hönnepel berufen wurde. Am 12. Januar 1825 wurde er als Kantonspfarrer nach Calcar versetzt.
Im Jahre 1833 wurde die Verwaltung der Bürgermeisterei Appeldorn von der Bürgermeisterei Calcar wieder getrennt, weil der Bürgermeister Robbers sich seiner sonstigen Geschäfte wegen nicht verbinden konnte, wöchentlich eine Sitzung in Appeldorn abzuhalten. Nachfolger des Bürgermeisters Robbers in der Verwaltung der Bürgermeisterei Appeldorn wurde der erst 25 Jahre alte Stadtsekretär von Calcar namens Johann Hermann Eduard Backer, ein geborener Calcarer.
In demselben Jahre wurde die Orgel in der kath. Kirche, die bis dahin über dem Südeingang war, nach unten in die Kirche verlegt, gründlich repariert und durch drei neue Register vergrößert. Die Arbeiten begannen am 6. März und dauerten 9 Monate; sie sind durch den Orgelbauer Johann Peter Fabritius aus Grevenbroich ausgeführt worden und verursachten einen Kostenaufwand von 1025 Taler, die ausschließlich von den Eheleuten Matthias Frambach und Margareta Tenback gespendet waren.
Seite 47 - Am 28. Dezember 1833 ertrank unweit der Manier, wo die Landstraße unter Wasser stand, ein mit der Chaise von Xanten kommender Knecht durch Unvorsichtigkeit. In betrunkenem Zustande geriet er mit dem Gespann vom festen Wege ab in die zwischen dem Monreberge und der Landstraße befindliche Mulde.
Im Jahre 1833 waren Gewitter sehr selten.
Der Winter 1833/34 war sehr gelinde. Frost ist überhaupt nicht eingetreten und Schnee nicht gefallen, doch waren Sturm und Regen stets vorherrschend. Am 4. Januar tobte ein Sturm, der an Stärke dem Orkan vom Silvestertage nicht nachstand.
Seite 48 - ganzen Umgegend verheert und die Früchte vernichtet.
Der Herbst des Jahres 1834 war so schön und sonnig, daß der Sommer gar nicht weichen zu wollen schien. Äpfel gab es in solcher Menge, daß die geringeren Sorten für 8 und die besseren schon für 12 Silbergroschen sackweise zu haben waren. Seit Menschengedenken war kein derartiger Ueberfluß an Obst gewesen. Als eine Merkwürdigkeit verdient angeführt zu werden, daß hier mehrere im Freien stehenden Apfel- und Birnbäume zweimal geblüht und Früchte getragen haben. Einige Äpfel und Birnen kamen zur normalen Entwickelung, die meisten aber bleiben nur klein und erreichten die Größe eines Knickers. Der Wasserstand des Rheines war durchgehend so niedrig, wie es seit vielen Jahren nicht mehr beobachtet worden war.
Im September 1834 wurde die Kanzel in der katholische Kirche, die bis dahin am 3. Pfeiler gestanden hatte, an den ersten Pfeiler versetzt.
Seite 49 - In demselben Jahre hat Peter Elbers das Haus Nr. 251 in der Monrestraße an der Ecke der Spiegelstege von Grund auf neu gebaut.
Am 3. Dezember wurde mit höherer Genehmigung von Notar Robbers der Kaufakt getätigt, wonach Kammersekretär Schniewind sein an der Herrenstraße gelegenes Haus nebst Zubehör an die katholische Kirche für 2200 Taler verkaufte. Es sollte als Pastorat eingerichtet werden. Die Stadt hat hierzu 1200 Taler gegeben, der Rest ist aus der Kirchenkasse bestritten.
In diesem Jahre wurde höheren Orts eine Neunummerierung sämtlicher Gebäude angeordnet. Das desfallsige Register ist am 24. Dezember 1835 abgeschlossen, die Nummerierung selbst aber erst im Jahre 1836 durchgeführt. Nach dieser waren in Calcar an Gebäulichkeiten vorhanden: Kirchen und Gotteshäuser 3, öffentliche Gebäude 5, Wohnhäuser 306, Scheunen 69, Schuppen 23, Windmühlen 2, Wassermühlen 2.
Seite 50 - Am 17. August war ein hier niedergegangenes Gewitter von einem derartig starken Regen begleitet, daß sich niemand erinnern konnte, einen Regen in solcher Stärke je erlebt zu haben. Er fiel eine ganze Stunde lang in solchen Güssen herab, daß man in Niederungen, wo das Wasser sich sammelte, mit Nachen fahren konnte.
Seite 51 - Heinrich Maritzen erbaute vor dem Monretor ein neues Haus, das mit der Nummer 225 ½ bezeichnet wurde.
Am 1. Oktober 1839 wurde Herr Christian Hub. Scholte erster Lehrer an der hiesigen kath. Schule, pensioniert; er war seit 1804 hier angestellt. Am 24. Oktober wurde er zum 2. Beigeordneten von Calcar ernannt.
In diesem Jahre trat der Maikäfer massenhaft auf. Es erging eine Verordnung, die Maikäfer zu fangen. Für jedes abgelieferte Berliner Scheffel wurde aus der Gemeindekasse eine Vergütung von 5 Silbergroschen gezahlt. In der Nachbarbürgermeisterei Grieth wurden nahezu 200 Malter, hier aber nur 8 ½ Malter abgeliefert.
Am 1. September 1840 wurde eine dritte Klasse an der hiesigen kath. Volksschule eingerichtet und Herr Johann Franz Haan als dritter Lehrer ernannt. Dieser versah gleichzeitig den Organistendienst in der Kirche.
Am 1. Oktober trat der zum ersten Lehrer ernannte Herr Heinrich Oeben sein Amt ein. Beide Lehrer bezogen außer ihrem Gehalt noch ein Schulgeld
Seite 52 - von 3 Groschen pro Kind und Monat, indessen mußte Lehrer Oeben für ein besonderes Fixum, das er aus der Armenkasse behielt, die armen Kinder unentgeltlich unterrichten.
Die durch die Eheleute Matthias Frambach der hiesigen katholischen Kirche vermachte Schenkung von ca. 6000 Talern ist im November 1840 Allerhöchst genehmigt worden; sie war für kirchliche und Armenzwecke bestimmt.
Der Winter des Jahres 1840/41 war durchgehends kalt und streng. Am 26. Dezember setzte sich das Eis im Rheine oberhalb Rees fest; von Rees bis Grieth blieb aber noch mehrere Tage lang blankes Wasser. Der Stand des Eises bei Rees war sehr gefahrdrohend, weil das Eis sich haushoch aufeinander geschoben hatte. Am 10. Januar 1841 setzte Tauwetter ein und am 15. und 16. Januar brach das Eis bei Rees, Grieth und Emmerich, setzte sich bei Bimmen und Lobith aber wieder fest, wodurch eine solche Stauung entstand, daß das Wasser in weniger als 24 Stunden über 21 Fuß stieg und am 21. Januar eine Höhe von 22 Fuß 1 ½ Zoll erreichte. Die Gemeinden Bylerward, Huisberden, Emmericher -Eyland und der Polder Bovenholt wurden überschwemmt. Das Wasser lief bereits über den Deich von Gansenland und Grietherfeld. Zum Glück begann es aber schnell zu fallen und so blieb die Stadt Calcar von einer Überschwemmung verschont. So drohend auch der Stand des Rheines oberhalb Rees war, so ging der Eisgang doch ohne Schaden anzurichten von statten. Die Deiche haben keine Beschädigungen erlitten mit Ausnahme des Schaardeiches zu Hönnepel, in dem eine Senkung entstand. Es war gut, daß diese erst nach dem Eisgang und dem hohen Wasserstande erfolgte, weil sonst ein Dammbruch
Seite 53 - sehr wahrscheinlich gewesen wäre. Im Februar fror der Rhein zum zweitenmale zu, aber auch jetzt sind größere Schäden an Deichen usw. nicht angerichtet worden.
Am 4. Januar 1841 wurde von der Regierung zu Düsseldorf der am 17. November 1840 vor Notar Thomae zu Cleve getätigte Kaufakt, wonach die Eheleute Johann Schweinem und Petronella geb. Lapp das an der Grabenstraße gelegene, früher einen Flügel des ehemaligen Brigittinerklosters bildende Haus Nr. 129 sowie einen Teil an der westlichen Seite dieses Hauses gelegenen Gartens an die katholischen Armen verkauft haben. Gemäß Contrakt haben die Armen zwischen dem Garten der Verkäufer und dem davon angekauften Teile und zwar auf dem Grund und Boden dieses Teiles eine Scheidemauer von 6 ½ Fuß errichtet, die Eigentum der Armen bleibt. Im Sommer wurden im unteren Teil dieses Klosterflügels 12 Wohnungen eingerichtet, die teilweise im Herbst von Armen bezogen wurden. Bei diesem Umbau wurden die Steine verwendet, die beim Abbruch des großen Armenhofes gewonnen worden waren.
Die katholischen Armen Calcars hatten bis dahin zwei Armenhöfe, nämlich den großen Armenhof mit 13 Wohnungen auf der Herrenstraße, genannt Peter Huysenshoff, und den kleinen Armenhof mit 5 Wohnungen in der Kesselstraße, genannt St. Laurentihof. Beide Armenhöfe waren aber sehr baufällig und schlecht eingerichtet. Zuerst hatte man die Absicht, einen neuen Armenhof dort, wo der große stand, zu bauen, da aber die Kosten auf 2500 Taler veranschlagt worden waren, wurde es vorteilhafter gefunden, den obengenannten Klosterflügel anzukaufen. Der Kaufpreis und die Einrichtungskosten sind teils aus dem Ertrage der Tannenholzverkäufe auf Kohlenbrendershof zu Uedemerbruch, teils aus dem Erlös für den kleinen Armenhof, der am 21. Mai 1841 an den Kleinhändler Heinrich Dellemann für 675 Taler verkauft wurde, gedeckt worden. Der große Armenhof wurde abgebrochen und die Materialien teils verkauft, teils zum Ausbau des Klosterflügels,
In diesem Jahre wurde eine Wohnung im Erdgeschoß an der Nordseite des Rathauses eingerichtet, in der Wachtstube ein neuer Fußboden gelegt und der Eingang zu derselben im nördlichen Giebel des Rathauses angebracht.
Im Jahre 1841 wurde die Hohe Straße bedeutend abgetragen und planiert, um die tiefe Wasserrinne an der östlichen Seite der Straße verschwinden zu lassen. Es wurde bei dieser Arbeit ein altes Straßenpflaster 1 ½ bis 2 Fuß unter der Erde vorgefunden. An manchen Stellen war sogar noch ein darunterliegendes weiteres Pflaster nachweisbar. Zu beiden Seiten der Straße wurden Rinnen angelegt und die Straße selbst mit Grand befahren. Das auf dieser Straße stehende Seilerhäuschen wurde abgebrochen und dem Eigentümer, der eine Entschädigung von 20 Talern für den Abbruch erhielt, ein Platz zur Errichtung eines neuen Seilerhäuschens vor dem Hanselaertore angewiesen.
Seite 55 - in ihm war nur bei hohem Wasserstand möglich.
In diesem Jahre ist die Grabenstraße von der sogenannten Gasthauskirche bis an den Baumgarten des ehemaligen Dominikanerklosters neu gepflastert worden, ebenso die Herrenstraße von der Pastorat bis an die neue katholische Schule. Von hier aus bis an die Gärten wurde sie planiert und mit Grand belegt, ebenso der Schulhof und die Steege zur Monrestraße hin. Auch wurden hier Wasserrinnen angelegt. Die Pumpe die in der Nähe der Schule fast in der Mitte der Straße stand, wurde zur Seite nahe an die Gartenhecke versetzt und der alte Brunnen gedämpft. Dies geschah auf Kosten der Stadt, weil diese die Versetzung der Pumpe veranlaßt hatte, die fernere Unterhaltung der Pumpe fiel aber nach wie vor dem „Pumpenrott“ zur Last.
Im Jahre 1842 wurde der evangelische Pfarrer Roshoff nach Cronenberg und der katholische Pfarrer Horsten zu Altcalcar nach Veert versetzt. An die Stelle des ersteren wurde Herr Gräber und an die Stelle des letzteren Herr Steiner, bis dahin Kaplan zu Geldern ernannt. Am 1. Oktober hat Herr Kaplan Rütjes seine Stelle niedergelegt und eine Reise nach Süddeutschland und Italien angetreten. An seine Stelle kam im November Herr Rudolf Wahl, bisher Kaplan in Büderich, nach hier.
Seite 56 - Seit langer Zeit war Schnee nicht in solcher Menge gefallen.
An neuen Häusern wurden in diesem Jahre außer den obenerwähnten gebaut von Wilhelm Becker die Häuser Monrestraße Nr. 245 und 246, von August van Gemmeren das Haus Nr. 247 und von Lambert Gossens das Haus Nr. 2 in der Altcalcarstraße.
Auf den regierungsseitig genehmigten Antrag des Gemeinderates wurden Plan und Kostenanschlag zur Schiffbarmachung des Kalflaks von Calcar bis zur Mündung in den Rhein angefertigt. Hiernach waren die Kosten berechnet worden auf rund 30000 Taler und die Anlage eines Hafens auf 12000 Taler, insgesamt also auf 42000 Taler. Von der Anlegung eines Hafens wurde aber vor der Hand Abstand genommen. Zur Deckung der Kosten für die Schiffbarmachung des Kalflaks wurde ein Zuschuß von 10000 Taler bei der Regierung beantragt, die noch verbleibenden Kosten von 20000 Talern wollte die Stadt übernehmen. Der Antrag wurde aber vom Ministerium abgelehnt, der Stadt jedoch freigestellt, den Bau auf eigene Rechnung auszuführen. Es wurde nun beantragt, daß der Staat die Mündung des Kalflaks in den Rhein wieder herstellen möge, die Verhandlungen sollten alsdann von neuem aufgenommen werden.
Seite 57 - Eifer und Aufregung, war aber auch ebenso schnell wieder besänftigt; er war im übrigen offen, aufrichtig, rechtschaffen, mitleidig und wohltätig. Unter seiner Verwaltung ist hier viel Gutes geschehen.
Seit einigen Jahren wurde Mittwochs, Freitags und Samstags jeder Woche auf dem Marktplatze zu Calcar Gemüsemarkt abgehalten. In diesem Jahre wurde der Markttag von Samstag auf Montag verlegt. Auch fanden bisher im Oktober zwei Flachsmärkte statt und zwar am ersten und am letzten Donnerstag. Der Flachsmarkt am ersten Donnerstag im Oktober wurde ganz aufgehoben, weil er zu früh war und deshalb keine Bedeutung hatte. Der andere wurde vom letzten auf den vierten Donnerstag verlegt, weil der letzte Donnerstag im Oktober von Zeit zu Zeit auf den Tag vor Allerheiligen fiel und der Flachsmarkt dann wegen dieses für einen Markt ungeeigneten Tages wenig besucht wurde.
In diesem Jahre hat Hermann Knieriem sein Haus Nr. 1 in der Altcalcarstraße abgebrochen und wieder neu aufgebaut.
Seite 58 - plötzlich starkes Tauwetter ein und am 24. März setzte sich der Rhein in Bewegung. Bei Grieth staute das Eis sich und schob sich bis zu einer Höhe von 15 Fuß übereinander. Einige Tage darauf kam wieder Bewegung in die Eismassen und bald darauf war der Rhein wieder glücklich eisfrei. So endete der Winter, nachdem mit kleinen Unterbrechungen stets eine große Kälte geherrscht hatte.
Durch den starken Andrang des Wassers vom Oberrhein zeigte der Pegel am 30. und 31. März einen Wasserstand von 22 ½ Fuß und am 4. April stieg das Wasser bis zu 23 Fuß 11 Zoll. Es lief über alle Sommerdeiche und die Stadt Calcar und Umgegend standen vom 31. März bis 6. April ganz unter Wasser. Eines solch hohen Wasserstandes bei einem blanken Wasser wußte sich niemand zu erinnern. Außer einem Durchbruch im Deiche bei Wissel erlitten die Deiche keine besonderen Beschädigungen und sonstige Unglücke sind bei diesem Hochwasser hier nicht vorgekommen.
Seite 59 - hielt. Die Kartoffeln bekamen äußerlich schwarze und innerlich rötliche Flecken oder Ringe; gekocht hatten sie einen üblen Geruch und Geschmack und waren für Menschen nicht genießbar. Doch wurden sie noch als Futter für das Vieh verwendet. Das Wasser, in dem Kartoffeln gekocht wurden, mußte mehrmals abgegossen und durch frisches ersetzt werden, weil der Gestank, den es verbreitete, unerträglich war. Am besten war es, die Kartoffeln in Dampf zu kochen. Kartoffeln auf schweren Boden wurden am stärksten von der Krankheit befallen. Die auf leichtem, sandigen Boden gewachsenen waren besser geraten und hielten sich in Sand gelagert, auch einigermaßen. Die ältesten Leute erinnerten sich nicht des Auftretens dieser Kartoffelkrankheit. Die Ursache derselben war auch unbekannt und wurde nicht ermittelt. Der Nässe des Jahres konnte sie nicht gut zugeschrieben werden, weil diese in früheren Jahren mitunter bedeutend größer war und trotzdem sich diese Krankheit nicht gezeigt hatte. Daß die Kartoffeln durch diese Mißernte knapp und teuer wurden, braucht nicht besonders hervorgehoben werden; der Sack kostete 2 Taler und darüber.
Am 17. Februar starb Peter Reiner Wolff nach einem dreiwöchigen Leiden an der Wassersucht. Er war geboren zu Calcar am 26. Februar 1769, begann seine Studien an der hiesigen Rektoratsschule und beendete sie an der damaligen Hochschule in Köln. Am 13. November 1796 wurde er daselbst zum Priester geweiht, wurde Vikar an der hiesigen Pfarrkirche und Rektor der Rektoratsschule, welches Amt er mit großem Eifer sieben Jahre inne hatte. Bei der Neuorganisation der Pfarreien im Jahre 1804 wurde er Pfarrer von Altcalcar. Zuletzt war er Vikar der Willemsen-Stiftung. Nachgerühmt wurde ihm seine Leutseligkeit, Herzensgüte und Mildtätigkeit. Seine Stelle erhielt Herr Heinrich Rütjes, früher Kaplan an der hiesigen Kirche.
Im Frühjahr hat die Familie Schnapp damit begonnen, in einem vor dem Kesseltor neuerbauten Kalkofen Kalk zu brennen.
Seite 60 - Hangkamer die Verwaltung der Bürgermeisterei Calcar.
Im Herbst des Jahres 1845 stiegen alle Lebensmittel außerordentlich im Preise; u. a. Kostete ein Brot von 10 Pfd. 8 bis 9 Groschen. Die Ursache dieser Preissteigerung war die Kartoffelmißernte. Zur Linderung der Not wurden Listen in der hiesigen Stadt in Umlauf gesetzt, in denen Begüterte Geldspenden eintragen konnten. Es kamen 225 Taler auf, für die Roggen zur Brotherstellung gekauft wurde. 124 bedürftige Einwohner bzw. Familien erhielten Brotspenden und zwar in den Monaten Januar, Februar und März wöchentlich ein ganzes oder ein halbes Brot je nach der Größe der Familie. Ein Brot von 10 Pfd. Wurde für 4 Groschen ausgegeben. Die notorisch Armen blieben aber von dieser Spende ausgeschlossen und fielen nach wie vor dem Armenfond zur Last.
Seite 61 - Am 31. Juli starb Dr. med. Peter Koenen, Mitglied des Kirchenrats. Als sein Nachfolger ließ sich Herr Dr. Josef Hangkamer als Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer hier nieder.
Am 3. Dezember 1846 wurde Herr Kaplan Stephan van Haag von dem Bistumsverweser Dr. Melchers vorläufig als Verwalter er verwaisten Pfarre ernannt. Er war für die definitive Besetzung der erledigten Pfarrstelle ausersehen, konnte aber als Pfarrer aus bestimmten Gründen nicht sofort ernannt werden. Er hat sein Amt als Pfarrverwalter am 1. Januar angetreten.
Seite 62 - trat er in das Seminar zu Köln ein, als aber um Ostern 1823 die Clever Gegend mit dem Bistum Münster vereinigt wurde, ging er von Köln wieder nach Münster, wo er sofort zu den Examinas zugelassen und am 28. Juni zum Priester geweiht wurde. Im August desselben Jahres trat er die zweite Kaplanstelle in Calcar an, die er bis zum 1. November 1827 inne hatte. Alsdann kam er als jüngerer Kaplan nach Rees. Als solcher hat er am 23. Dezember die neue Kirche zu Rees im bischöflichen Auftrage benediciert. Als der erste Kaplan Wampach am 3. September 1839 starb, wurde Herr van Haag zu seinem Nachfolger ernannt. Diese Stelle bekleidete er bis zum 1. Januar 1847, dem Tage des Antritts seines neuen Amtes in Calcar.
Im Jahre 1846 hat Abraham Spier das Haus auf der Ecke der Wall- und Altcalcarstraße abbrechen und ein neues errichten lassen. In der Serviettensteege wurden zwei neue Wohnungen für die katholischen Armen gebaut und im Kloster-Armenhof vier weitere Wohnstuben eingerichtet. Größere bauliche Änderungen wurden auch in der kath. Pastorat vorgenommen.
Seite 63 - Der Roggen war im Jahre 1846, wie bereits erwähnt ganz mißraten. Durch diese Mißernte entstand im Winter 1846/47 große Not. Die Stadtverwaltung sah sich deshalb veranlaßt, besondere Maßnahmen zur Linderung derselben zu ergreifen. Sie richtete eine Suppenanstalt für gewöhnliche Arbeiter und kleinere Handwerker ein. Die notorisch Armen hatten keinen Anteil hieran. Die Suppe wurde von Erbsen, Kartoffeln, Gerste und etwas Speck gekocht und vom 21. Januar 1847 bis zum 1. April täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage, insgesamt an 59 Tagen, verabreicht. Während dieser Zeit sind ausgegeben worden 28 Portionen zu 1 ½ Quart oder 1652 Portionen und 68 Portionen zu 2 ½ Quart oder 4012 Portionen gegen Bezahlung und später im April noch 372 Portionen unentgeltlich. Jede Portion kostete etwa 12 Pfg. Aus abgehaltenen Konzerten kamen der Suppenanstalt 9 Thl. Zugute und der Rest wurde aus Gemeindemitteln bestritten. Wie groß die Not war, läßt sich daraus ersehen, daß im Winter ein Malter Roggen 12-14 Thl. Und ein Sack Kartoffeln von 2 Scheffeln 2 Thl. kostete. Im Mai und Juni stieg der Roggen auf 21. Thl. Pro Malter und die Kartoffeln auf 3-4 Thl. Pro Sack und doch konnte man bei den Kartoffeln nicht von einer Mißernte sprechen. Die starke Ausfuhr nach dem nahen Holland wirkte aber preistreibend. Auf dem hiesigen Wochenmarkte kostete ein Viertel Spint oder Metz 4 Sgr. und mehr. Ein Brot im Gewichte von 10 Pfd. erreichte den Preis von 14. Sgr. 2 Pfg. Ohne Zufuhr aus Rußland und besonders aus Amerika wäre ein gänzlicher Mangel an Getreide und wahrscheinlich ausgesprochene Hungersnot entstanden.
Die Auswanderungen nach Amerika, welche seit einigen Jahren stark zugenommen hatten und die schlechten Zeiten im Vaterlande brachten auch hier einige Familien auf den Gedanken, auszuwandern, durch dringendes Abraten gaben sie aber ihren Plan wieder auf.
Seite 64 - In diesem Jahre wurde an Stelle des verstorbenen Landdechanten Janssen Herr Pfarrer Peter zu Niedermörmter als Landdechant des Dekanates Calcar ernannt.
Am 13. November starb Witwe Matthias Frambach geborene Margareta Tenback, bekannt durch ihre und ihres Mannes Vermächtnisse an die hiesige Kirche. Mit ihrem Tode trat diese in den vollen Genuß der Stiftungen, deren lebenslängliche Nutznießung sich die Eheleute Frambach vorbehalten hatten.
Seite 65 - zu lassen, weil sie für das Ansehen der Stadt von Bedeutung, dann aber auch in kultureller Hinsicht für die Stadt und Umgegend von Wichtigkeit war. Als daher Herr Rütjes im Jahre 1837 als zweiter Kaplan hier angestellt wurde, hat er auf Ersuchen des Kirchenrats die Schule wieder übernommen und als er im Jahre 1842 die Kaplaneistelle niederlegte, hat sein Nachfolger Herr Wahl den Unterricht fortgesetzt. Durch dessen Krankheit wurde Ostern 1847 der Unterricht abermals unterbrochen, bis schließlich am 1. Dezember desselben Jahres Herr Kaplan Jaspers und Herr Vikar Wolff sich den Unterricht teilten.
Seite 66 - wiederherzustellen seien, die Kirche die Restauration der übrigen Gemälde aber aus eigenen Mitteln bestreiten müsse. Im April 1847 meldete sich Stanislaus de Pereira aus Amsterdam, wohnhaft in Neuwied, mit den besten Zeugnissen versehen, hier an und erbot sich, die Kirchengemälde sachgemäß zu reinigen. Man wurde mit ihm einig und er hat denn auch wirklich alle Gemälde der Kirche, mit Ausnahme der beiden von Groen restaurierten Flügel des Johannis-Altars, gereinigt. Für diese Arbeit erhielt er 238 Taler. Außerdem hat er sämtliche Schnitzereien gereinigt, mit Ausnahme des vergoldeten Georgs-Altars, wofür er 100 Taler erhielt.
Der Winter des Jahres 1847/48 war bis zum 19. Dezember sehr milde. Dann aber setzt eine strenge Kälte ein, so daß der Rhein Mitte des Monats Januar zugefroren war. Am 5. Februar löste sich das Eis aber auf und der Eisgang ging vorüber, ohne daß der Rhein aus seinen Ufern trat.
Seite 67 - in Münster zum Priester geweiht; er hat die hiesige Stelle am 1. November 1848 angetreten.
Der Anstrich wurde, wie es sich von selbst versteht, mehr oder weniger dunkel, je nachdem mehr oder weniger Umbra, Ocker oder Grün (Tarvett) beigemischt war, daher erklären sich auch die verschiedenen Farben der Wände, Pfeiler und der ,Gräten“ am Gewölbe. Die vorgenannten Farben wurden mit Kalk vermischt und hiermit der Anstrich in der gewöhnlichen Art ausgeführt. Die Striche längs der Gräten am Gewölbe waren von Neurot, gemischt mit Leimwasser, dagegen die Verzierungen an den Säulen, wozu mahagonierot und gelber Ocker gebraucht war, von Oelfarbe. Herr Stephan hat die Leitung und Beaufsichtigung der Arbeiten übernommen. Später unternahm er es auch noch, das Tabernakel auszubessern, das Fehlende zu ersetzen, das Ganze in den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und nach dem alten Stil zu verzieren. Dafür erhielt er 90 pr. Taler.
Nachdem die beiden Chöre vollendet waren, wurde beschlossen, im Laufe des Winters, soweit es die Witterung zuließ, das Gewölbe ausbessern und die Wände und Pfeiler abkratzen zu lassen. Diese Arbeiten wurden nach Allerheiligen, und zwar am 13. November, in Angriff genommen und konnten gegen Weihnachten als beendigt angesehen werden. Das Gewölbe mußte an vielen Stellen mehr oder weniger ausgebessert werden, es war jedoch nicht erforderlich, dasselbe ganz abzukratzen, dagegen ließ sich dieses bei den Wänden und Säulen nicht umgehen, weil sie zu sehr uneben und höckerig waren und
Seite 69 - auch die Kalkschicht nicht mehr gehörig hielt. Der Leiter der Arbeiten, Herr Stephan, war zwar anfänglich der Meinung, daß die Kirche ursprünglich unterhalb der Fenster bemalt gewesen sei, man hat jedoch keine Spur hiervon gefunden. Dagegen schien der Bogen über dem Muttergottes-Chor ganz bemalt gewesen zu sein. Bruchstücke eines Gemäldes ließen vermuten, daß dasselbe das jüngste Gericht darstellte. (Anmerkung: Die Vermutung war, wie wir wissen richtig.) Ebenso waren an dem Pfeiler westlich des Pfeilers, an dem sich jetzt die Kanzel befindet, sowie an dem Parallelpfeiler des nördlichen Seitenschiffes einige Malereien wahrzunehmen; sie waren jedoch sehr beschädigt. Der vorerwähnte Bogen an dem Muttergottes-Chor wurde bei dieser Gelegenheit um 9 Fuß 8 Zoll in der Höhe und um 1 Fuß 4 Zoll in der Breite erweitert. Auch fand man neue Beweise, daß dieses Chor früher als die Kirchenschiffe und das Hochchor, das Südportal und die Sakristei aber später als die Kirche gebaut worden sind. Zur Erleichterung der Arbeiten am Gewölbe wurde ein fliegendes Gerüst von 14 Fuß Länge und 6 Fuß Breite nach Anweisung des Bauleiters Stephan hergestellt. Auf demselben konnten etwa 5 Personen zugleich arbeiten. Es war von allen Seiten zur Vermeidung der Absturzgefahr von einem Geländer umgeben. Mittels zweier starker Seile und eine Flaschenzuges wurde das Gerüst in die Höhe gezogen und die Seile auf dem Gewölbe an einem Balken oder an sonst geeigneter Stelle befestigt. Um das Gerüst zu verlängern, wurde erforderlichenfalls eine Brücke hergestellt. Man zog zu diesem Zwecke einen waagerecht liegenden Balken bis zur Höhe des Gerüstes empor, befestigte die Seile, an denen der Balken emporgezogen war, auf dem Gewölbe und legte Bretter in der Weise, daß sie mit dem einen Ende auf dem Gerüst und mit dem anderen auf dem Balken ruhten. Früher waren im Gewölbe mehrere Oeffnungen, nur drei ließ man bestehen, die übrigen wurden verdeckt.
In diesem Jahre wurde der untere Teil der Grabenstraße an der Westseite des Mittelgrabens von der Serviettensteege bis unten planiert und die Ostseite von der Scheune des Friedrich Theißen bis zur Loge gepflastert.
Seite 70 - besichtigte die Kirche und bewunderte ihren schönen Bau; auch äußerte er seine Zufriedenheit mit den unternommenen Arbeiten. Von den Kunstwerken der Kirche hat er aber nur den Hochaltar gesehen, da wegen der Arbeiten alles andere zugedeckt war.
Seite 71 - sich folgende Lebensbeschreibung des Generals Freiherrn von Seydlitz:
Seite 72 - bis 6000 Ungarn gegen ihn in Anmarsch seien, weshalb er Seydlitz Befehl gab, einen gefährlichen Posten in einem naheliegenden Dorfe mit 30 Kürassiren zu besetzen und sich dort zu halten, bis Fußvolk zu seiner Unterstützung ankomme. Seydlitz hielt sich mehrere Stunden lang gegen diese Übermacht und erst als ein Teil seiner Leute verwundet, das Feuer wegen Mangel an Munition nicht fortgesetzt werden konnte und nirgends ein Ausweg mit dem Degen möglich war, ergab er sich mit seiner Mannschaft, jedoch unter ehrenvollen Bedingungen, als Kriegsgefangener. Der König, der den Hergang des Gefechts genau vernommen, beklagte den armen Cornet, befahl, ihn auszutauschen und, wenn es nicht anders sei, einen österreichischen Rittmeister gegen ihn loszugeben. Als Seydlitz im preußischen Lager wieder angelangt war, wurde er sogleich zum König geführt, dem er den Hergang des Gefechts ausführlich erzählen mußte. Er fand ihn der Aufmunterung und Belohnung würdig und fragte ihn, was er lieber wolle, der erste zu ernennende Leutnant in einem Kürassierregiment oder Rittmeister und Befehlshaber einer Eskadron Husaren zu sein. Seydlitz wählte das letztere. Im zweiten schlesischen Kriege unmittelbar nach dem großen Siege bei Hohenfriedberg am 5. Juni 1745, wo er den sächsischen General von Schlichting persönlich gefangen nahm, wurde Seydlitz erst 24 Jahre alt, zum Major ernannt, im Herbst 1752 wurde er zum Oberstleutnant befördert und als Befehlshaber zum Dragoner-Regiment Prinz Friedrich von Württemberg nach Treptow und anfangs des Jahres 1753 als Kommandeur zum Kürassierregiment von Rochow versetzt. Im Sommer 1755 wurde er Oberst dieses Regiments und auf dieser Stufe fand der im folgenden Jahre ausbrechende siebenjährige Krieg den jungen Held. In diesem Kriege stieg Seydlitz nach und nach bis zu den höchsten militärischen Ehren.“
Der Regierungspräsident von Spiegel ging mit dem Gedanken um, Seydlitz ein Denkmal auf dem Marktplatze seiner Geburtsstadt zu errichten und hoffte durch eine Subscription bei der Armee die Mittel zu erhalten, seinen Plan zur Ausführung zu bringen. Nachdem von Spiegel, der sich deshalb sehr für Calcar interessierte, von der Verwaltung zurückgetreten war, war von dem Plane keine Rede mehr. Indessen wurde auf seine Anregung hin eine Inschrift am Hause des Josef Velthuysen, des Besitzers
Seite 73 - des Geburtshauses Seydlitz, durch die Stadtverwaltung angebracht, die anzeigte, daß Seydlitz hier geboren sei. Auf Veranlassung der Militärbehörden wurde dann am 5. November 1848 am Geburtshause eine metallene Gedenktafel angebracht, die heute noch vorhanden ist.
Seite 74 - der gegenwärtigen sturmbewegten Zeit Entschlossenheit und Einigkeit dem Vaterlande not tue. Er sprach: ,,Meine teuern Waffenbrüder! Meine werten Mitbürger! Wir stehen hier vor dem Hause, in dem vor 127 Jahren die Wiege eines großen Mannes stand. Den Bemühungen edler Einwohner dieser Stadt ist es gelungen, diese Stätte zu ermitteln. Die königl. 14 Division erfuhr dies und beschloß sofort, das Haus durch eine einfache Tafel von Erz zu bezeichnen. Wir sind gekommen, um dieses anspruchslose Denkmal zu enthüllen, an einem Tage, an dem heute vor 91 Jahren in jener ewig denkwürdigen Schlacht unser Seydlitz, der größte Kavalleriegeneral neuerer Zeit, ein Blitz in den Schlachtengewittern unseres großen Königs Friedrich, mit seinen Reiterscharen kam, sah und siegte, wie einst Cäsar. Merkwürdig, daß diese Gegend in einem kleinen Umkreise die Geburt sah von drei Reiterhelden. Dort in Xanten erblickte Siegfried das Licht der Welt, den das altdeutsche Lied der Nibelungen besingt, die herrlichste Heldengestalt deutscher Vorzeit; dort bei Wachtendonk: Jan van Werth, in der Jugend ein schlichter Ackermann, dann im Umschwung der Zeit ein hochberühmter Reiterführer; und hier nun endlich Seydlitz, die Zierde der preußischen Armee, der Gegenstand höchster Bewunderung seiner Gegner, wie der Glanzpunkt der neueren Kriegsgeschichte. Was aber machte ihn groß? Er tat mit Wenigen viel und was er tat, das tat er zur rechten Zeit. Ganz der Mann seiner Waffe ward er seinen Kampfgenossen, seinem Könige in höchster Kampfesgefahr mit Sturmseile stets ein rettender Helfer mit leuchtendem Schwert!
Kameraden! Mitbürger! Ist unser Held nicht ein Vorbild des wahren Soldaten? Nicht aber auch das jedes wackeren Staatsbürgers in seinem Berufe? Denn sind wir nicht alle, ein jeder an seiner Stelle, verpflichtet, unsern treuen Mitbrüdern zu dienen mit den uns verliehenen Gaben? Sind wir nicht berufen, die Wohltat des Staates zu fördern mit Gut und Blut, mit unserer ganzen Tatkraft? Unser heldenmütiger Seydlitz führt uns in eine Zeit zurück, in der Preußen, damals ein sehr kleiner Staat, in der Ueberfülle deutscher Kraft, unter den Adlerschwingen seines großen Königs in einem Riesenkampfe halb Europa siegreich gegenüberstand. Dies vermochte schon ein kleiner Teil des deutschen Vaterlandes, was wäre dem
Seite 75 - ungeteilten nicht möglich. Wenn aber Preußen in jenem Riesenkampfe einen glänzenden Sieg gewann, so war es doch kein ungetrübter, denn – Brüder standen gegen Brüder! Als nun im Verlaufe unseliger Zeiten innere Trennung zu tiefem Falle führte, als die Schmach der Knechtschaft auf Deutschland lastete, da war es Preußen das zuerst in die Schranken trat. Seinem Beispiele folgten nach und nach alle deutschen Gauen und in drei glorreichen Feldzügen ward die Fremdherrschaft gebrochen. Noch heute weht jene Zeit uns an wie ein Frühlingshauch der Wiedergeburt. Können wir aber jetzt noch fragen, was die Zeit mit ihren schwankenden Wogen eigentlich will, was wir in ihr erstreben sollen? Die unauflösliche Einheit des Vaterlandes ist das Ziel, die Eintracht in Haupt und Gliedern der Weg. Wer hat dies aber mehr erkannt, mehr gewollt, als unser edler König? Sein Herz schlägt gleich warm für die ihm anvertrauten Millionen, wie für Deutschland Ehre, für Deutschland Größe, Kraft und Herrlichkeit. Und wollen wir alle dies nicht auch mit deutschem Herzen? Sind wir nicht alle Brüder, alle Söhne einer edlen Mutter? Da lassen Sie uns denn Hand in Hand und Herz in Herz diesem großen Ziele entgegengehen und indem wir in dieser ernsten Stunde des Königs und des Vaterlandes in alter deutscher unerschütterlicher Treue gedenken, bringen Sie mit mir Ihm dieses Lebehoch. Es lebe der König und das Vaterland hoch!“
Dieses Hoch hallte aus tausend Kehlen freudig und begeistert unter dem Donner der Böller und Tücherwinken aus allen Fenstern wider. Der Menge hatte sich eine sichtlich freudig-feierliche Erregung bemächtigt. Alsdann wurde die Gedenktafel enthüllt und hierbei das Lied: Heil Dir im Siegerkranz! Mit stürmischer Begeisterung gesungen.
Seite 76 - Bis spät abends fand man überall in der Stadt frohe Gesellschaften, die manches Glas auf die Gesundheit Sr. Majestät des Königs leerten. Ein Festball beschloß die für Calcar denkwürdige und ehrenvolle Feier.
Der Winter des Jahres 1848/49 brachte erhebliche Kälte. Am 5. Januar stellte sich das Eis im Rheine oberhalb Rees und in wenigen Tagen war der Rhein in hiesiger Gegend zugefroren. Am 14. Januar setzte aber schon Tauwetter eine und der Eisgang vollzog sich ohne Gefahr.
Seite 77 - mehr an einer Säule. Ende Oktober waren die Arbeiten vollendet. Durchschnittlich sind täglich 10 Arbeiter beschäftigt gewesen; an Kalk wurden etwa 55 Berliner Malter verbraucht. Die Kosten der im Jahre 1848 ausgeführten Arbeiten belaufen sich auf 529 Taler und die des Jahres 1849 auf 1175 Taler, insgesamt also auf 1704 Taler.
Seit einiger Zeit nahm die Auswanderung nach Amerika in Deutschland einen immer größeren Umfang an. Im September 1849 wanderten von hier aus: Leineweber Gerhard Gröting mit Frau und zwei Kindern, Zimmermann Heinrich Rahmann, Bäcker Peter Mölders und Buchbinder Heinrich Reichmann. Es waren dies die ersten, die in fernem Lande eine neue Heimat suchten.
Seite 78 - den Deich und überschwemmte die Niederung. Tags darauf wurde die Stadt Calcar unter Wasser gesetzt; fast der ganze Marktplatz war überschwemmt. Am 3. Februar fiel es stark, innerhalb eins Tages war der Markt wieder frei. Zwei Tage darauf brachte der Rhein wieder neue Eismassen vom Oberrhein, wodurch das Wasser wieder stieg und eine Höhe erreichte, die die vorige noch überstieg. Am 9. Februar begann es sehr langsam zu fallen und erst sechs Tage später war die Stadt wasserfrei.
Am 4. Dezember kam die für hier bestimmte Oberin mit zwei Schwestern hier an und stieg an dem für ihre Aufnahme eingerichteten Hause ab. Am folgenden Tage erfolgte die Einführung. In der Pfarrkirche wurde ein feierliches Hochamt gehalten, in dem Herr Pfarrer van Haag die Festpredigt hielt über den Text:,, Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ Nach beendigter Feier wurde eine Prozession veranstaltet, an der selbstverständlich die Schwestern teilnahmen. Sie zog von der Kirche nach der Stiftungswohnung, woselbst Herr Bürgermeister Backer
Seite 79 - eine kurze Ansprache an die versammelte Volksmenge hielt. Das Haus wurde darauf von Herrn Pfarrer van Haag eingeweiht, womit die Feier geschlossen war.
Im selben Jahre wurden sämtliche Bänke in der Pfarrkirche, die Kommunionbank und das Gestühl auf dem St. Johannischor angestrichen. Die Anstreicher Hermann und Johann Janssen hatten dies Arbeiten für 15 Sgr. je Bank übernommen. Soweit die Bänke verpachtet waren, wurden die durch den Neuanstrich entstehenden Kosten größtenteils von den Pächtern, im übrigen von der Kirche getragen. Für letztere entstanden, da auch noch freiwillige Gaben gespendet worden waren, keine erheblichen Kosten.
Seite 80 - der Gemälde des Hochaltars beliefen sich auf 400 Taler und wurden vom Staat getragen. Auf die Kirche entfielen für die sonstigen Arbeiten 45 Taler. Für die Instandsetzung und Vergoldung des Rahmens des den Tod Mariens darstellenden Gemäldes erhielt Stephan 21 Taler.
Seite 81 - Frage des Neubaues einer eigenen Schule wieder akut wurde.
Herr Kaplan Jaspers, der sich durch seine sehr eifrige seelsorgerische Tätigkeit die Liebe und Wertschätzung aller Pfarreingesessenen erworben hatte, wurde vom Bischof in Münster mit der Leitung des neugegründeten Klosters und Pensionats in Aspel bei Rees beauftragt und zum Direktor desselben ernannt. Im April siedelte er nach Aspel über. An seine Stelle rückte der bisherige zweite Kaplan Herr Frankeser. In die freigewordene Stelle des zweiten Kaplans wurde Herr Gerhard Siebers, gebürtig aus Rindern, der seit etwa zwei Jahren Kaplan in Hartefeld bei Geldern war, berufen, Es wurde ihm die Verpflichtung auferlegt, am Mittwoch jeder Woche eine hl. Messe in Hanselaer zu lesen. Seit der Vereinigung der Kirchengemeinde Hanselaer mit Calcar wurde dort nur bei Beerdigung eine Messe gelesen. Es war der Wunsch der Hanselaerer Einwohner, daß wenigstens allwöchentlich einmal in ihrer Ortskirche eine Messe gelesen werden möge. Diesem Wunsche wurde nun mehr entsprochen.
Seite 82 - anzunehmen, daß dasselbe im Jahre 1530 erbaut worden war.
Am 14. April 1852 wurde der Altartisch des Hochaltars abgebrochen und um etwa 3 Fuß zurückverlegt. Am 14. Mai war er wieder aufgebaut. Beim Abbruch des Altartisches fand man einen Reliquienbehälter, der u. a. Das Siegel des bereits früher erwähnten Weihbischofs Conradi von Köln enthielt. Neben einer Zurücklegung des Hochaltars erfolgte auch eine Erhöhung und zwar von zwei holländischen Steinhauern aus Venlo, die die Fliesen in Venlo kauften und die Arbeiten in der Zeit vom 13. bis 25. Juni ausführten. Der Kostenaufwand hierfür betrug insgesamt 323 Taler.
Seite 83 - fast ausschließlich durch freiwillige Spenden aufgebracht.
Im Monat Mai 1853 wurde in der hiesigen Pfarrkirche die Maiandacht eingeführt. Am 29. desselben Monats erhielt die Kirche ein in Münster verfertigtes Muttergottes-Bild. Die 100 Taler betragenden Kosten wurden durch freiwillige Gaben aufgebracht. Das Bild erhielt seinen Platz auf dem Muttergotteschörchen.
Seite 84 - mit einem feierlichen Tedeum endete. Die Feier begann morgens um 8 Uhr und war erst gegen ½ 1 Uhr beendigt.
In der Nacht vom 11. zum 12. Juli entstand in der Küsterei in Altcalcar Feuer, durch das das ganze Gebäude eingeäschert wurde. Es wurde im selben Jahre aber wieder aufgebaut.
Seite 85 - Jahres 1809 zurück, das ungefähr die 4. Stufe der inneren Treppe des Rathauses erreichte. In der Nacht vom 4. zum 5. fing das Wasser an stark zu fallen, was auf einem Dammriß in Bislich zurückzuführen war. Vom 6. ab fiel es aber nur langsam und so kam es, daß ein Teil der Stadt mehr als acht Tage lang unter Wasser stand. Durch die Deichbrüche oberhalb Xantens war die Gegend von Uerdingen Rheinberg bis nach Xanten schon einige Tage früher als die hiesige Gegend überschwemmt worden. Ebenso waren der Rhein und die Maas in den Niederlanden ausgetreten, wodurch auch dort große Überschwemmungen entstanden. Am 4. März versuchte ein mit 12 Personen besetzter Nachen von Altcalcar nach Calcar zu fahren. Zwischen dem Hause Marcour (jetzt Brauhaus) und der Stadt geriet er aber in den starken Strom und der Besatzung ging die Gewalt über ihn verloren. Er schlug um und die Insassen gerieten in höchste Gefahr. Nach größten Anstrengungen gelang es beherzten Männern unter eigener Lebensgefahr, 11 Insassen vom Tode des Ertrinkens zu erretten, ein 12 jähriger Knabe kam aber leider in den Fluten um.
Tags darauf entstand ein Brand in einem Hause in der Hanselaerstraße, der einen größeren Umfang anzunehmen drohte, da er bereits auf Nachbarhäuser übergegriffen hatte. Wegen des hohen Wasserstandes konnten die Spritzen nicht die wünschenswerte und notwendige Wirksamkeit entfalten und nur dadurch, daß das brennende Gebäude kurzer Hand eingestoßen wurde, konnte dem Feuer Einhalt getan werden. Die Löschenden hatten einen schweren Stand, mußten sie doch bis an den Hüften im Wasser stehend, aushalten.
Seite 86 - Gegen 11 Uhr abends begann ein Wetterleuchten, das gegen 1 Uhr in ein furchtbares Gewitter mit Sturm und Hagel überging. Die Wirkung war verheerend. Nachdem das Unwetter sich gegen 2 Uhr gelegt hatte, entlud sich eine Stunde später ein zweites, noch schrecklicheres Gewitter, das dazu bestimmt schien, das von dem ersten begonnene Zerstörungswerk ganz zu vollenden. Auch dieses war wieder von einem massigen Hagel begleitet. Gärten und Felder waren verwüstet, alle Frucht war vernichtet. Das Obst lag abgeschlagen am Boden, die Bäume waren fast ganz entlaubt und boten einen trostlosen Anblick; viele lagen entwurzelt am Boden. Selbstverständlich waren auch die Häuser, besonders die Dächer, von dem Unwetter arg mitgenommen worden. Zertrümmerte Fensterscheiben gab es allenthalben. Noch lange Jahre danach wurde dieses Unwetter als eins der schlimmsten genannt.
Seite 87 - der betreffenden Gemeinden. Jede Barriere erhob das halbe Barrieregeld.
Seite 88 - hatte. Durch sein schlichtes, einfaches Wesen erfreute er sich überall großer Beliebtheit.
Seite 89 - den Grundstein. Der Baumeister trägt die bereits vorher auf dem Rathause unterzeichnete Urkunde. Bei Austritt des Zuges aus dem Rathause beginnt die Musik das Lied ,, Heil dir im Siegerkranz.“ Die Festteilnehmer ordnen sich um die Grube. Anrede des Regierungspräsidenten, Verlesen der Urkunde durch den Bürgermeister, Verschluß derselben in den Grundstein, Legung desselben unter den üblichen drei Hammerschlägen. Währenddessen das Preußenlied durch die Musik. Festrede durch den Oberstleutnant Wittich. Hoch ! Heil dir im Siegerkranz.“
Preußischer Krieger und treuer Bürger dieses Denkmal
Angehörend dem Kriegsheere des großen Königs Friedrich des II. half Seydlitz die Siege Dessen zu Preußens spätem Ruhm und Ehre erfechten, leuchtend vor Allen in der Geschichte durch die gewonnenen ruhmreichen Schlachten von Roßbach und Zorndorf.
Seite 90 - Gott der Allmächtige und Dreieinige segne dieses Werk zum Heil des Königlichen Hauses von Preußen und der gesammten Königlichen Lande fort und fort. Amen.
Seite 91 - sich programmgemäß. Nachher fand ein großes Diner statt.
Am 29. September beschloß der Gemeinderat, zur Verbesserung der Straßenbeleuchtung der Gemeinde von der Stadt Emmerich gebrauchte, aber gut erhaltene Oellaternen zu übernehmen, die in Emmerich wegen Einführung der Gasbeleuchtung entbehrlich geworden und zum Kauf angeboten worden waren. Der Bürgermeister nahm sie an Ort und Stelle in Augenschein und ließ sie durch einen Fachmann prüfen, wobei sie in gutem Zustande befunden wurden. Der Kauf kam darauf zustande. Mitgeliefert wurden eiserne Ketten, Stangen und das gesamte Tauwerk.
Seite 92 - und beim Verkauf an einen Privaten die Gefahr bestand, daß das weidende eingescharte Vieh nicht ganz sicher sei, dazu könnten mit der von dem Grundstück zu gewinnenden sehr guten Erde die niedrigliegenden Grundstücke der Stadt erheblich verbessert werden. Es wurde für die Summe von 1485 Talern angekauft. Der Kauf erhielt die Genehmigung der Regierung. Das Grundstück wurde in die Stadtweide einbezogen, der dazu gehörige Garten mit Gras und Kleesamen eingesät und das Wohnhaus auf Abbruch verkauft.
Seite 93 - der Till-Moylandsche Deich überflutet und es wäre wahrscheinlich zu einem Deichbruch gekommen, wenn nicht von Seiten der Deichverteidigung alles zur Erhaltung des Deiches aufgeboten worden wäre. Am 3. Februar war die Stadt Calcar, die nur zu einem kleinen Teile vom Wasser verschont geblieben war, wieder frei. In der ziemlich hoch liegenden katholischen Kirche hatte das Wasser 6 Zoll hoch gestanden.
Auf Anregungen aus Kreisen der Bürgerschaft befaßte sich der Gemeinderat am 25. April 1862 mit der Frage der Verlegung der St. Jakob-Kirmes. Eine Verlegung wurde jedoch mit 7 gegen 5 Stimmen abgelehnt.
Seite 94 - Dechant van Haag regte an, die Schule auf die Stadt zu übernehmen und als öffentliche höhere Knabenschule fortbestehen zu lassen. Dieser Gedanke fand Anklang beim Gemeinderat und es wurde beschlossen, mit dem Kirchvorstand in Verhandlungen über die Uebernahme der Schule einzutreten. Es wurde zu diesem Zwecke eine Kommission, bestehend aus dem Bürgermeister Backer und den Gemeinderatsmitgliedern Notar Lauff und Heinrich Kuypers gewählt. Inzwischen hatte auch der Kirchenvorstand sein Einverständnis zu dem Vorhaben erteilt. Der Entwurf zu den Statuten für die Schule wurde in der Gemeinderatssitzung vom 21. Juli 1864 durchberaten und angenommen. Als Mitglied des Kuratoriums der Rektoratsschule wurde aus der Mitte des Gemeinderats Notar Lauff gewählt.
Im Jahre 1865 wurde die Fortbildungsschule gegründet. In der Sitzung vom 28. Dezember 1865 bewilligte der Gemeinderat zu den Kosten der ersten Einrichtung der Schule aus Gemeindemitteln einen Zuschuß von 30 Talern.
Seite 95 - Häuser abzubrechen. Der Gemeinderat hatte sich am 26. April 1866 mit der Frage zu befassen und beschloß nach eingehender Beratung mit 8 gegen 1 Stimme, die Häuser nach und nach anzukaufen, um sie bei Gelegenheit abzubrechen. Der Kauf des Eckhauses an der Altcalcarer- Herrenstraße, dem Schuster Heyming gehörend, das nur 7 Fuß von der Kirche lag und subhaftiert war, wurde endgültig beschlossen. Es kam jedoch noch nicht zum Abbruch. Die Stadt hatte für das Nikolaus- Spital eine Scheune von Bronsgeest angekauft und darin vorläufig die Feuerlöschgeräte untergebracht. Es zeigte sich jedoch bald, daß diese Scheune wegen ihrer tiefen Lage und der Hochwassergefahr als Aufbewahrungsraum für die Spritzen höchst ungeeignet war und letztere unbedingt anderweitig untergestellt werden mußten. Das neuerworbene Heymingsche Haus wurde hier wegen seiner Hochwasserfreien Lage ausersehen. Der Gemeinderat beschloß, das Haus umzubauen und im Erdgeschoß einen Raum für die Unterbringung der Spritzen zu schaffen, den oberen Teil aber als Schulraum für die städtisch gewordene Rektoratschule auszubauen. Der Umbau kam bekanntlich zustande und das Gebäude hat bis zur Jetztzeit als Spritzenhaus und Grabenstraße auch als Rektoratschule gedient.
Am 3. April 1865 wurde der Kaplan Gerhard Sieber als Pfarrer nach Alpen, Kreis Mörs, versetzt. In die freigewordene Kaplanstelle wurde Kaplan Joseph Schloßmacher aus Kranenburg berufen.
Seite 96 - in Berlin und an den Königlichen Telegrapheninspektor Ludewig in Köln, denen damit die Eröffnung der neuen Telegraphenstation amtlich angezeigt wurde.
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