Das Rathaus - Aufzeichnung von Vikar J.A. Wolff
Geschichte der Stadt Calcar während ihrer Blüthe

Das stattliche Gebäude mit seinen einfach edlen Bildungen und seinen so fein abgewogenen Verhältnissen, ein wahres Muster seiner Gattung. nimmt, in ganz freier Lage, die Ostseite des geräumigen Marktplatzes ein.
Die Höhe seines Mauerwerks beträgt 17,01 m , die Breite 29,69 m., die Tiefe 13,78 m., die Höhe des Ganzen 35,02 m .. Die Rechnungen und Copialbücher der Stadt weisen nach, dass der vor dem Jahre 1450 ganz vollendete Bau nicht, wie man vermuthet hat, auf Kosten der Tuchweber-Innung, sondern aus städtischen Mitteln und Schenkungen einzelner Bürger ausgeführt worden ist. 

Das auffallende Missverhältniss, welches zwischen dem Erdgeschoss und den oberen Stockwerken in Ansehung der Höhe besteht, ist durch die im Jahre 1444 erfolgte erhebliche Erhöhung des Marktplatzes entstanden. Zur Erhöhung desselben waren 6954 Karren Sand auf- gefahren und dafür 579 Mark 6 Schillinge aufgewandt. Zur Pflasterung wurden 306 Karren Kieselsteine gekauft, die 108 Mark 4 Schilling kosteten. Der Marktplatz ist später um weitere 3 Fuss erhöht worden. Wir sahen dieses im Jahre 1860, als. das Fundament zum Seidlitz-Denkmal gegraben wurde und die Arbeiter in der angegebenen Tiefe auf ein vollkommen erhaltenes Steinpflaster stiessen. 

Der Eingang zum Rathhause, im Jahre 1505 noch ganz schmucklos, hat seine jetzige im Renaissancestil hergestellte Verzierung wohl im 16. Jahrhundert erhalten. Ueber dem Eingang sieht man die Justitia mit Wage, Schwert und verbundenen Augen nebst dem Spruche Sap. 1. 1: "Diligite, justitiam, qui judicatis terram". Das Wappen an der einen Seite ist das des Herzogthums Cleve-Jülich-Berg und Mark; das an der anderen Seite hat sich fast ganz vom Schilde abgelöst. Die oberen Fenster, die Brustwehr, der Neubau im Innern des ersten Stockwerks und andere Restaurationen datieren aus der neuesten Zeit ..