Die Calcarer Freilichtspiele
Die Organisatoren der
Calcarer Freilichtspiele
Kaplan Esser
Vorsitzender u. Begründer d. Calcarer Freilichtspiele
Von links sitzend: Kaplan Esser, Lehrer Kück,
stehend: Karl Maas, August van Vügt, Felden, Philipp Malburg - Spielleiter, Sack, Istas, Umbach
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“ Haus Sieben Linden “
Die Witwe des Malers Professor Claus Meyer verkaufte Haus Sieben Linden einige Jahre nach dem Tode ihres Mannes an die Spielgemeinde der Kalkarer Freilichtspiele, die es bis zur Zerstörung im zweiten Weltkrieg als Vereinshaus und Jugendherberge nutzte.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------CALCARER FREILICHTSPIELE
Chronik zusammengestellt von Kaplan Karl Esser Calcar.
Calcar am Niederrhein ist berühmt durch die wundervollen alten Schnitzaltäre seiner St. Nikolaikirche, durch sein monumentales Rathaus und seine schmucken Giebelhäuser. In den weitesten Kreisen bekannt geworden ist es in den letzten Jahren auch durch die "Calcarer Freilichtspiele".
In bewußter Anlehnung an die kirchliche Kunst der heimischen "Calcarer Schule" pflegt die Calcarer Spielgemeinde - ausschließlich Laienspieler - das religiöse Volksschauspiel, weil gerade dieses auf dem historischen Hintergrunde heimatlicher Kunst bodenständig und typisch ist. So will sie in idealer Weise der Volksbildung und Jugendpflege dienen.
Die Wirkung auf die Zuschauer war groß; die Gesamtzahl der Besucher betrug 30 000. Die "Calcarer Passion" wird stets das Hauptspiel in Calcar bleiben und in regelmäßigen Zeitabschnitten in neuer Vervollkommnung wiederkehren.
Im Jahre 1926 wurde unter künstlerischer Leitung von Dr. Konrad Maria Krug aus Witten das große biblische Schauspiel "Paradies und Brudermord" von Sebastian Wieser zur Aufführung gebracht. Die furchtbare Not des Krieges hatte dem bayrischen Pfarrer und Schriftsteller den Stoff zum Drama nahegelegt. An Hand der biblischen Erzählung wurde hier in großen, monumentalen Zügen gezeigt, wie das Böse in die Welt eindringt, wie es Haß und Zwietracht sät und zu blutiger Tat führt. Passend wurde diese Aufführung an die vorjährige angeschlossen. Das große Mysterium der Erlösung lenkte bei der Auswahl des Spieles von selber den Blick auf das Bild von Menschenglück und Menschenschuld im Paradiese, das wir im Calcarer Hochaltar von Jan Joests Meisterhand gemalt sehen, So war die Beziehung zwischen "Calcarer Passion" und "Paradies und Brudermord" auch heimatgeschichtlich gegeben. Es gelang, ein Spiel zu bieten, das stilistisch und spieltechnisch einen wesentlichen Schritt weiterführte. Im ersten Teil vorwiegend lyrisch, im zweiten hochdramatisch, war es doch einfach und klar; inhaltsschwer war der Gedanke, groß die daraus gewobene Handlung. Jedes Auf und Ab der Bühne, jedes Kommen und Gehen, jede Bewegung und jedes Stillstehen hatte seine besondere symbolische Bedeutung. Hier war ein durchaus einheitliches, geschlossenes Kunstwerk gestaltet. Der Sprung aus dem Naturalismus zum Stil war so gut vermittelt, daß die Zuschauer bedingungslos folgen konnten. Auch während dieser Aufführungen nahm die Besucherzahl von Sonntag zu Sonntag zu.
1927 wartete die Calcarer Spielgemeinde, ebenfalls unter Dr. Krugs Leitung, mit dem Schauspiel "Joseph und seine Brüder" auf. Bereits im Jahre 1912 wurde in London mit großem Erfolg das von Louis Parker verfaßte Stück "Joseph and his brothers" gegeben. Als Ausstattungsstück großen Stiles war es inszeniert worden. Das Schauspiel schien sich recht wohl für die in Deutschland vorhandenen Freilichtbühnen zu eignen. Mit der Neubearbeitung wurde Sebastian Wieser betraut, der bisher auf diesem Gebiete schon mit Erfolg gearbeitet hatte. Um dem Spiele eine Wirkung zu sichern, mußte eine gründliche Umarbeitung und Neudichtung vorgenommen werden. Auch dieses Spiel fand in Calcar - wie vorher in Oetigheim (Baden) - große Beachtung und starken Besuch.
Nahezu 200 000 Besucher aus dem Rheinland, Westfalen und Holland fanden sich bisher in der Teufelsschlucht ein, gewiß die beste Anerkennung für den künstlerischen und volksbildnerischen Wert der "Calcarer Freilichtspiele", die sich zugleich als das vorzüglichste Mittel moderner Verkehrswerbung für unsere niederrheinische Kleinstadt erwiesen haben.
(Abgeschrieben aus dem Niederrhein. Heimatkalender 1933)